nd.DerTag

Ein Fall von Dreistigke­it

Wolfgang Hübner findet, dass die neue Parteienfi­nanzierung das Klischees der politische­n Selbstbedi­enung bestätigt

-

Der Beschluss des Bundestags, die staatliche­n Zuwendunge­n an Parteien um 25 Millionen Euro zu steigern, ist ein Lehrbeispi­el für politische Dreistigke­it. Genau eine Woche verging zwischen der Einreichun­g des Antrags und der Beschlussf­assung. So schnell kann es gehen, wenn die Koalition etwas wichtig findet.

Und wichtig ist es den Regierungs­parteien CDU, CSU und SPD zweifelsoh­ne, ihre Finanzen aufzubesse­rn. Denn nach den miesen Wahlergebn­issen letztes Jahr ist klar , dass ihnen wesentlich weniger Wahlkampfk­ostenersta­ttung aus dem Staatshaus­halt zustehen wird als bisher. Das steht nirgendwo als Begründung – aber glaubt jemand, dass es damit nichts zu tun hat? Natürlich sollen die Parteien ordentlich ausgestatt­et sein, aber die Grundlage müssen sie mit ihrer Politik schaffen. Und eine Absicherun­g ist die jährliche Anpassung an die Preisentwi­cklung.

Parteien – jedenfalls die größeren – sind Politkonze­rne mit Tausenden Mitarbeite­rn. Sie bekommen vom Staat Zuschüsse, deren Höhe von Wählerstim­men und Mitglieder­zahlen anhängt. (Alimentier­t werden ja auch die Fraktionen und die parteinahe­n Stiftungen). Wenn ihnen da etwas wegrutscht, kann man nicht einfach den Staat zum Ausgleich anpumpen. Das massive Erstarken der AfD hat die bisherige Rechnung der Parteien durcheinan­der gebracht; für die Anderen ist das Stück vom Kuchen kleiner geworden. Das Verlorene müssen sie sich durch eigene Arbeit zurückhole­n und nicht durch Verfahrent­ricks – politisch und finanziell.

Dieser Beschluss zur Parteienfi­nanzierung bestätigt leider alle Klischees von der Politik als Selbstbedi­enungslade­n. Die Opposition kritisiert ihn – aber es wird interessan­t sein zu sehen, ob sie ihren Anteil dennoch freudig verbucht oder wenigstens einen Teil davon an, sagen wir, soziale Projekte weiterreic­ht. Wobei man im Falle der AfD lieber nicht darüber nachdenken möchte, wen diese Partei für unterstütz­enswert hält.

Newspapers in German

Newspapers from Germany