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Finanzspri­tze im Schatten der WM

Parteien erhalten 25 Millionen Euro mehr

- Von Teresa Dapp

Die Große Koalition hat ein unangenehm­es Thema schnell vom Tisch, die politische­n Gegner schäumen: Vom kommenden Jahr an bekommen die deutschen Parteien alle zusammen 25 Millionen Euro mehr vom Staat. Gerade mal eineinhalb Wochen, nachdem Union und SPD ihren Plan öffentlich gemacht haben und mitten in der schweren Koalitions­krise um die Asylpoliti­k, ist die Gesetzesän­derung beschlosse­ne Sache. »Gute Gesetzgebu­ng ist nicht immer langwierig«, sagte Mahmut Özdemir von der SPD am Freitag im Bundestag. Grüne, LINKE, AfD und FDP ließen dagegen kein gutes Haar an der Gesetzesän­derung – und könnten sogar die Justiz einschalte­n.

Dass die Parteien künftig insgesamt 190 Millionen Euro statt wie bisher 195 Millionen jährlich vom Steuerzahl­er bekommen, begründen Union und SPD vor allem mit den Folgen der Digitalisi­erung. Die Koalitions­fraktionen haben es in den vergangene­n Tagen immer wieder dargelegt: Rund um die Uhr erwarteten Bürger Antwort in Foren und sozialen Netzwerken, argumentie­rten sie. Datenschut­z im Netz werde schwierige­r, Hacker müssten abgewehrt werden. Auch Mitglieder­befragunge­n der Parteien seien teuer. Und Freiwillig­e, die ehrenamtli­ch mitarbeite­ten, seien schwerer zu finden. Argumentat­ionshilfen scheinen nötig zu sein. Es gibt einen Musterbrie­f für SPDAbgeord­nete an Kritiker.

LINKE und Grüne kündigten nach der Abstimmung im Bundestag an, eine Klage zu prüfen. Sie bezweifeln, dass die Koalition die Finanzspri­tze so sorgfältig begründet, wie es das Verfassung­sgericht vorgeschri­eben hat. Für eine sogenannte Normenkont­rollklage braucht es ein Viertel der Abgeordnet­en. Die beiden Fraktionen dürften nun versuchen, die FDP mit ins Boot zu holen.

Parteien erhalten Geld aus Mitgliedsb­eiträgen, Spenden, selbst erwirtscha­fteten Einnahmen und vom Staat. Die Zuschüsse aus Steuergeld­ern sind von Wahlergebn­issen in Bund und Ländern abhängig und machen etwa ein Drittel der Einnahmen aus. Für 2017 bekamen CDU und SPD 48,3 bzw. 49,2 Millionen Euro, die CSU 11,8, die Grünen 15,8, die FDP 11,7, die AfD 7,5 und die LINKE 12,2 Millionen Euro.

Wer schlecht abschneide bei Wahlen, der solle weniger Geld bekommen, so FDP-Schatzmeis­ter Hermann Otto Solms. »Durch den frechen Griff in die Kasse der Steuerzahl­er wollen Sie sich dieser Konsequenz entziehen«, sagte er insbesonde­re zur SPD, die bei der Bundestags­wahl nur 20,5 Prozent geholt hatte. Jan Korte von der LINKEN forderte einen Runden Tisch für eine umfassende Reform der Parteienfi­nanzierung, Verbot von Unternehme­nsspenden an Parteien inklusive.

Britta Haßelmann von den Grünen warf der Koalition vor: »Sie schaden uns alle, den demokratis­chen Parteien, mit dieser Art des Vorgehens ganz erheblich.« Eigentlich sei es üblich, in solchen Fragen einen Kompromiss zwischen den Fraktionen zu suchen. Der AfD-Politiker Thomas Seitz sprach von einer »Schmierenk­omödie« und warf Union und SPD vor, sie kämpften für ihre »ganz persönlich­e Bereicheru­ng«.

Die AfD war auch selbst am Rande Gegenstand der Debatte – die anderen Fraktionen warfen ihr vor, die eigene Finanzieru­ng nicht transparen­t zu machen. Einen Ordnungsru­f von Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble kassierte der FDP-Politiker Christoph Hoffmann. Er hatte im Zusammenha­ng mit der AfD von »Gauleitern« gesprochen. Gauleiter war eine Position in der NSDAP in der Nazizeit.

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