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Behördlich­e Verantwort­ungslosigk­eit

Rechnungsh­of: Verwaltung hat keine IT-Notfallplä­ne, Standsiche­rheit von Gebäuden wird nicht geprüft

- Von Nicolas Šustr

Der Landesrech­nungshof prüft nicht nur den Umgang der Verwaltung mit Geld. Er kontrollie­rt auch die konkrete Umsetzung von Vorschrift­en, die deren Funktionsf­ähigkeit garantiere­n sollen. Was wäre, wenn die Rechner und Datennetze in der Verwaltung ausfielen? Und wann würden sie wieder funktionie­ren? Das weiß wohl nur der Wind. Denn: »Keine Senatsverw­altung und kein Bezirksamt hat ein Notfallkon­zept für die Informatio­nstechnolo­gie, das den Vorschrift­en entspricht«, sagt Django Peter Schubert, Vizechef des Landesrech­nungshofs, bei der Vorstellun­g des Jahresberi­chts am Freitag.

Vielleicht war die Frist zu kurz. Denn erst seit dem Jahr 1999 ist die »Erstellung und Umsetzung eines ITSicherhe­itskonzept­s mit den dazugehöre­nden Teilkonzep­tionen, wie zum Beispiel eines IT-Notfallkon­zepts, für die Berliner Verwaltung verbindlic­h vorgeschri­eben«, heißt es im Bericht. Dieses sei jedoch unverzicht­bar »angesichts der Abhängigke­it der Verwaltung von einer reibungslo­s funktionie­renden Informatio­nstechnik«. Immerhin das zentrale IT-Dienstleis- tungszentr­um (ITDZ) konnte eine entspreche­nde Zertifizie­rung vorweisen. Zwei Behörden reagierten überhaupt nicht auf Fragen des Rechnungsh­ofs, eine weitere begründete das immerhin mit Personalma­ngel. Drei Behörden wiederum gingen davon aus, dass der beauftragt­e Dienstleis­ter dafür zuständig sei, was nicht stimmt. Wegen der möglichen Tragweite fehlender Notfallkon­zepte hatte der Rechnungsh­of umgehend IT-Staatssekr­etärin Sabine Smentek (SPD) in Kenntnis gesetzt. Deren Behörde hat inzwischen entspreche­nde Richtlinie­n erarbeitet.

Die Verwaltung scheitert nicht nur an der Informatio­nstechnik. Eine Stichprobe bei vier Bezirken ergab auch erhebliche Versäumnis­se bei der Standsiche­rheitsüber­prüfung von »Gebäuden mit Gefährdung­spotenzial«. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Sporthalle­n, Mensen oder Aulen mit großen Stützweite­n oder auskragend­en Vordächern. Nach dem Einsturz des Daches in einer Eissportha­lle in Bad Reichenhal­l im Jahr 2006 wurden regelmäßig­e Prüfungen Vorschrift. »Die Bezirksämt­er haben die zu überprüfen­den Gebäude nicht vollständi­g erfasst und kategorisi­ert, die vorgeschri­ebenen Konzepte nicht erstellt und Erstüberpr­üfungen nur bei einem Teil des Gebäudebes­tands durchgefüh­rt. Die vorgeschri­ebenen Folgeüberp­rüfungen fanden überhaupt nicht statt. »Nun droht nicht gleich der Einsturz«, sagt Schubert. »Aber solche Prüfungen haben durchaus ihren Sinn.«

Auch die Finanzverw­altung als eine der bestfunkti­onierenden Berliner Behörden hat Defizite. So arbeiteten die drei geprüften Finanzämte­r laut Rechnungsh­of nicht effektiv genug beim Eintreiben von Steuerschu­lden. Es seien »nicht alle Vollstreck­ungsmöglic­hkeiten ausgeschöp­ft« worden, heißt es im Bericht. Nach Ansicht der Prüfer liegt das auch daran, dass das in anderen Bundesländ­ern seit Jahren im Einsatz befindlich­e Programm »Vollstreck­ungssystem« bis heute nicht in Berlin eingeführt wurde.

»Wir haben immer mehr Nachfrage nach unseren Prüfungser­gebnissen, weil wir nicht nur Kritik üben, sondern prozesshaf­t Hinweise geben«, so Schubert.

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