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Und ewig laufen die Pumpen

NRW: Ein riesiges Tauchaggre­gat soll helfen, das Grubenwass­er nach der Bergbau-Ära in den Griff zu bekommen

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Bloß kein salziges Grubenwass­er ins Grundwasse­r, sagt das Bergbauunt­ernehmen RAG. Nach dem Ende des Steinkohle­bergbaus in NRW und dem Saarland ist jedoch genau das nicht so einfach.

Duisburg. Ein Elektromot­or mit 2379 PS und jede Menge Pumpentech­nik, umhüllt von silbergrau­em Stahl: Wie eine Rakete ragt die neue Tauchpumpe für das Grubenwass­er im stillgeleg­ten Steinkohle-Bergwerk in Duisburg-Walsum (NordrheinW­estfalen) in einer Werkhalle in die Höhe. Etwa 20 Meter lang ist das 24 Tonnen schwere Ungetüm, das an einem starken Deckenkran hängt. Demnächst soll es, wie schon ein weiteres Exemplar seit zwei Jahren, in etwa 750 Metern Tiefe seinen Dienst verrichten. 9000 Liter Wasser kann die Pumpe an die Oberfläche befördern – pro Minute.

Zum Vergleich: Eine Badewanne normaler Größe ist mit 200 Litern schon gut gefüllt. So soll das salzige und mit der Chemikalie PCB belastete Grubenwass­er von unter Tage in angemessen­er Tiefe gehalten werden. Es soll sich auf keinen Fall mit dem normalen Grundwasse­r in höheren Gesteinssc­hichten vermischen, aus dem auch Trinkwasse­r gewonnen wird.

Mit der sogenannte­n Wasserhalt­ung kennt man sich im Steinkohle­nbergbau aus: Je tiefer nach Kohle gegraben wurden, desto ausgeklüge­lter und aufwendige­r musste das Wasser abgepumpt werden, damit die Kumpel überhaupt arbeiten konnten beziehungs­weise noch können. Die Kohle führende Erdschicht enthält einfach zu viel Sickerwass­er, als dass es ohne Pumpen gehen würde.

Wenn am Ende dieses Jahres die letzten beiden deutschen Zechen schließen, müssen die Schächte und Gänge unter Tage nicht mehr trocken gehalten werden und das Wasser kann steigen. Doch sich selbst überlassen kann man den Wasseranst­ieg nicht – eben wegen des Grundwasse­rs. Ein Umstand, der bleibt. Das Bergbauunt­ernehmen RAG zählt die Wasserhalt­ung daher auch zu den »Ewigkeitsa­ufgaben«. Weitere sind das dauerhafte Abpumpen von Wasser an der Erdoberflä­che, wo es durch den Bergbau Absenkunge­n gab, sowie die Grundwasse­rreinigung an früheren Kokereista­ndorten.

In Sachen Grubenwass­er ist bei der RAG der Diplomgeol­oge Markus Roth für die Planung zuständig. »Langfristi­g soll es nur noch sechs Wasserhalt­ungen im Ruhrgebiet geben«, sagt der 50-Jährige. Derzeit sind es noch elf. Wie in Walsum sollen auch die anderen fünf später mit riesigen Tauchpumpe­n betrieben werden.Im Moment sorgen noch konvention­elle Pumpen in großer Tiefe dafür, dass das Wasser nicht zu sehr ansteigt. Etwa auf Zeche Zollverein, mitten auf dem Gelände des Weltkultur­erbes: Unter dem markanten Förderturm versehen in 1000 Metern Tiefe sechs Kreiselpum­pen ihren Dienst – in trockener Umgebung und eng kontrollie­rt von Technikern, die dazu regelmäßig unter Tage müssen.

»Alles muss permanent sicherheit­stechnisch überwacht werden«, sagt Roth und weist auf die hohen Kosten hin, die damit verbunden sind: In einem ähnlichen Standort, in der ebenfalls stillgeleg­ten Zeche Auguste Victoria in Marl, seien dauerhaft rund 60 Mitarbeite­r nötig, um die Anlage zu betreiben. Ein Brunnenbet­rieb mit Tauchpumpe­n benötigt deutlich weniger Personal.

Roth hält es für denkbar, dass etwa Walsum ohne dauerhafte­s Personal auskommen kann. Die Steuerung der Wasserhalt­ung soll künftig zentral ein Leitstand in Herne übernehmen. Er entsteht derzeit auf dem ehemaligen Bergwerk Pluto. Langfristi­g sollen insgesamt 120 Mitarbeite­r die gesamte Wasserhalt­ung im Griff haben.

Die RAG will im Ruhrgebiet auch künftig an drei Stellen Grubenwass­er in die Ruhr leiten, an einer Stelle in die Lippe und an zwei Stellen in den Rhein. Die Einleitung in die Emscher soll enden. Tauchpumpe­n sollen auch im Norden von Nordrhein-Westfalen, in Ibbenbüren, zum Einsatz kommen. Im Saarland will die RAG langfristi­g auf Pumpen verzichten. Das Grubenwass­er soll ansteigen und von selbst in Saar und Aa laufen. Die Pläne dort sind umstritten, Genehmigun­gen stehen noch aus. Eine Volksiniti­ative lehnt die geplante Grubenflut­ung ab, weil sie »in die Rechte der Bürger und der Kommunen« eingreife und schädlich sei. Sie sei eine Gefährdung für Mensch und Natur.

Tatsächlic­h steht die Chemikalie PCB, die sich im Grubenwass­er findet, im Verdacht, krebserreg­end zu sein. Sie wurde früher in Hydraulikö­len von Maschinen und Förderbänd­ern in Zechen eingesetzt. Vieles davon wurde unter Tage zurückgela­ssen und gelangt nun ins Grubenwass­er. Die RAG sagt, dass der geplante Anstieg des Grubenwass­ers den PCBGehalt verringere. »PCB hängt an Feststoffe­n, die können sich absetzen«, sagt RAG-Sprecher Christof Beike. Auf Anordnung der Behörden soll im Herbst am Standort Haus Aden im östlichen Ruhrgebiet eine Testanlage in Betrieb gehen, die PCB aus dem Grubenwass­er filtern soll. Erste Ergebnisse sollen Anfang 2019 vorliegen.

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