nd.DerTag

Rechtsstaa­t im Chaos

Stefan Otto über den Druck auf das Bundesflüc­htlingsamt

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Zweifellos ist das Bundesflüc­htlingsamt BAMF überlastet. Es soll Asylbesche­ide am Fließband liefern. Das ist die von der Bundesregi­erung formuliert­e Anforderun­g. Das Personal wurde dafür eiligst aufgestock­t – viele Sachbearbe­iter und Dolmetsche­r sind für ihre Aufgabe nicht ausreichen­d geschult. Die Fehlerquot­e ist entspreche­nd hoch. Für Einzelfäll­e ist das tragisch.

Notwendig wäre jetzt eine sachliche Diskussion, um die Arbeitswei­se der Behörde zu verbessern. Doch der derzeitige Asylstreit zwischen den Unionspart­eien ist das genaue Gegenteil davon. Die CSU skandalisi­ert, wo es nur geht (und lässt dabei außer Acht, dass bereits eine beträchtli­che Zahl von Geflüchtet­en auf dem Arbeitsmar­kt Fuß fassen konnte). Die überrasche­nde Entlassung der BAMFLeiter­in Jutta Cordt, der Innenpolit­iker des Bundestage­s erst vor Kurzem eine gute Arbeit attestiert hatten, bedeutet eine weitere Eskalation.

Wenn nun Unionspoli­tiker im Zusammenha­ng mit den Unzulängli­chkeiten beim BAMF auf die Rechtsstaa­tlichkeit verweisen, die wieder hergestell­t werden müsse, dann meinen sie damit vor allem das Recht auf Abschiebun­g. Das ist sehr einseitig. Das Recht von Schutzsuch­enden auf Asyl wird dabei geradezu unterschla­gen. Und eine Flüchtling­sbehörde, deren Sachbearbe­iter politisch unter Druck gesetzt werden, die Asylanträg­e im Zweifelsfa­ll negativ zu entscheide­n, unterminie­rt den Rechtsstaa­t in besonderer Weise.

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