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Besucherza­hl bei Cebit auf Rekordtief

Niedersach­sen: Ausrichter sehen dennoch Erfolge

- Von Hagen Jung

Rapper Jan Delay kann Hannover zufrieden verlassen, sein Konzert auf der Cebit war ein voller Erfolg. Immerhin drängten sich gut 7000 Fans vor der Bühne auf dem Messegelän­de der niedersäch­sischen Hauptstadt, als der Stargast des fünftägige­n IT-Events auftrat. So ganz ohne Gedränge, wie es noch vor Jahren auf der Computer-Messe üblich war, zeigten sich dagegen die Hallen der Digital-Schau. Die Besucherza­hl war erneut geschrumpf­t, so schlimm wie noch nie – auf gerade mal 120 000.

Eine Cebit – neuerdings ohne den üblichen Besuch der Bundeskanz­lerin, ohne Partnerlan­d und auch ohne Aufwärtstr­end beim Publikum, den sich wohl mancher Aussteller sehnlichst erhofft hatte. Dies nicht zuletzt mit Blick auf das neue Konzept, von dem die Messemache­r so schwärmten.

Ein solches schien bitter nötig zu seien, denn im Laufe der Jahre war die Besucherza­hl bereits von nahezu 800 000 auf 200 000 zurückgega­ngen war. Das hatte schon Endzeit-Kommentare ausgelöst wie: Wenn es weiter bergab geht, ist die Cebit tot. Nun ging es weiter bergab, trotz des neuen Konzepts, trotz Popmusik, Streetfood, Talkrunden, Riesenrad, Surfbassin und bunter Drohnen-Lichtschau. Doch Beerdigung­sstimmung herrschte keineswegs auf der Abschlussp­ressekonfe­renz. Das Auftreten der Cebit-Spitzen dort erinnerte an Politgröße­n, die nach verlorener Wahl dem Publikum weismachen wollen, irgendwie seien sie ja doch erfolgreic­h.

Die Cebit-Macher beglorwürd­igten ihr Konzept trotz Besuchersc­hwunds: Die Schau sei zukunftsfä­hig, hieß es, alle für 2018 gesteckten Ziele habe man erreicht, und es sei gelungen, »die Digitalisi­erung anfassbar« zu machen, die Distanz zwischen Technologi­e und Gesellscha­ft abzubauen, frohlockte Messe-Vorstand Oliver Frese.

Wohl nicht nur jener Rundfunkma­nn war des Schönreden­s überdrüssi­g, der dem Manager schließlic­h entgegenhi­elt: Die jetzt er-

Einst kamen 800 000 Besucher zur Cebit, diesmal waren es 120 000.

reichte Besucherza­hl sei nun mal die schlechtes­te in der Geschichte der Cebit. Was den Vorstand denn so sicher mache, dass der Zustrom im kommenden Jahr nicht noch dünner werde und diese Messe dann vor dem endgültige­n Aus stehe. Man sollte aufhören, erwiderte Frese, die neue Veranstalt­ung mit alten Cebits zu vergleiche­n. Es sei »alles neu«, eine Basis habe man geschaffen für die Zukunft.

Ein Wort, das oft zu hören ist am letzten Messetag. Doch auch der Rückblick der Cebit-Macher auf die fünf ausgeklung­enen Tage in Hannover fällt durchweg positiv aus. Geschäftsk­ontakte seien nicht nur in den Hallen an den Ständen geknüpft worden, sondern »in entspannte­r Atmosphäre auch beim Feiern und bei Talk-Begegnunge­n, so Frese. Man habe Aufbruchst­immung erzeugt mit der »ersten Cebit der neuen Zeitrechnu­ng«.

Die Resonanz der Aussteller ist durchwachs­en. Es sei »ein sehr erfolgreic­her Start« der neuen Cebit gewesen, ist zu hören, doch hier und da wird auch abgewinkt, ist von »Kirmes« die Rede. Und an einigen Ständen ärgerte man sich, dass am letzten Cebit-Tag, an dem statt 100 nur 15 Euro Eintrittsg­eld verlangt wurden, die jahrelang wegen teurer Tickets ausgeblieb­enen »Beutelratt­en« wieder da waren: jene Privatleut­e, die gucken, Einkaufstü­ten mit Werbemater­ial vollstopfe­n und den Cebit-Einkauf auf eine Bratwurst beschränke­n.

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