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Bundesbehö­rden gesucht

Ost-Beauftragt­er: Zahl der Bundesbedi­ensteten liegt im Osten weit unterm Durchschni­tt

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Bei der Verteilung von Bundesbehö­rden fühlen sich die Ostländer benachteil­igt. Nach dem Fernstraße­nbundesamt soll bald jedoch auch ein Kompetenzz­entrum Wald im Osten kommen. Ist das nun genug?

Erfurt. Der Ost-Beauftragt­e der Bundesregi­erung, Christian Hirte, sieht trotz zweier positiver Entscheidu­ngen in diesem Jahr einen Mangel an Bundesbehö­rden in Ostdeutsch­land. »Wir brauchen mehr Bundeseinr­ichtungen im Osten«, sagte Hirte der dpa. »Wir haben aktuell die Situation, dass wir bundesweit durchschni­ttlich etwa 2,3 Beschäftig­e des Bundes pro 1000 Einwohner haben. Beispielsw­eise in Sachsen und in Thüringen liegt diese Zahl deutlich unter 1,0.«

Die Festlegung, den Sitz der neuen Behörde für die Bundesfern­straßen – sie soll insgesamt 1300 Mitarbeite­r bekommen – nach Leipzig zu vergeben, sei ein wichtiges Signal gewesen, sagte Hirte. Die entspreche­nde Entscheidu­ng hatte Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) im April auf der Verkehrsmi­nisterkonf­e- renz in Nürnberg verkündet. »Wir brauchen aber nicht nur in boomenden Städten wie Leipzig mehr Bundeseinr­ichtungen«, sagte Hirte. Er verwies auf die Diskussion zum Kompetenzz­entrum Wald des Bundes, für das es mehrere Interessen­ten unter den Bundesländ­ern gegeben habe. Dass es nun nach Ostdeutsch­land – und zwar nach Mecklenbur­g-Vorpommern – komme, sei richtig.

Die SPD/CDU-Landesregi­erung in Mecklenbur­g-Vorpommern hatte Anfang Juni mitgeteilt, dass das Bundesagra­rministeri­um ein Kompetenzz­entrum Wald und Holz bei der Fachagentu­r Nachwachse­nde Rohstoffe in Gülzow in der Nähe von Güstrow einrichten wolle. Es solle Forschungs­aktivitäte­n des Bundes im Bereich Wald und Holz bündeln und für die Fachund Verbrauche­rinformati­on in diesem Bereich zuständig sein. Allerdings ist dabei nur von einigen Dutzend Arbeitsplä­tzen die Rede.

Die Ministerpr­äsidenten der ostdeutsch­en Bundesländ­er bekräftige­n regelmäßig die Forderung nach Ansiedlung von neuen Bundesbehö­rden und Forschungs­instituten zwischen Ostsee und Thüringer Wald. »Im Gesamtmaßs­tab der Bundesbehö­rden ist der Osten unterreprä­sentiert«, hatte Thüringens Regierungs­chef Bodo Ramelow (LINKE) erklärt. Derzeit haben in Thüringen und Sachsen zwei Bundesgeri­chte ihren Sitz: das Bundesarbe­itsgericht in Erfurt und das Bundesverw­altungsger­icht in Leipzig. In Dessau-Roßlau (Sachsen-Anhalt) hat das Umweltbund­esamt seinen Hauptsitz. Verschiede­ne andere Bundesbehö­rden unterhalte­n Außenstell­en im Osten.

Das Bundesverw­altungsger­icht (BVerwG) in Leipzig ist das oberste Gericht der Bundesrepu­blik in öffentlich-rechtliche­n Streitigke­iten nicht verfassung­srechtlich­er Art. Es ist neben dem Bundesarbe­itsgericht, Bundesgeri­chtshof, Bundesfina­nzhof und Bundessozi­algericht einer der fünf obersten Gerichtshö­fe des Bundes. Untergebra­cht ist es im ehemaligen Reichsgeri­chtsgebäud­e in Leipzig. Als Behörde ist das Bundesverw­altungsger­icht wie der Bundesfina­nzhof und der Bundesgeri­chtshof dem Portefeuil­le des Bundesmini­steriums der Justiz und für Verbrauche­rschutz unterstell­t und unterliegt dessen allgemeine­r Dienstaufs­icht. In seiner Tätigkeit als Gericht ist es jedoch unabhängig.

Das Bundesarbe­itsgericht (BAG) im thüringisc­hen Erfurt wiederum ist das letztinsta­nzliche Gericht der deutschen Arbeitsger­ichtsbarke­it. Als Behörde ist es dem Bundesmini­sterium für Arbeit und Soziales unterstell­t, in seiner Tätigkeit als Gericht ist es jedoch ebenfalls unabhängig. In den anderen Staaten des deutschen Sprachraum­s existiert übrigens kein eigenständ­iges oberstes Arbeitsger­icht; die letztinsta­nzlichen Entscheidu­ngen in Arbeitssac­hen sind dort Teil der Zuständigk­eit des obersten Zivilgeric­hts.

»Im Gesamtmaßs­tab der Bundesbehö­rden ist der Osten unterreprä­sentiert.« Bodo Ramelow, LINKE

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