nd.DerTag

Ganz sympathisc­h hoch zu Roß

In Bayern soll die Polizei 200 zusätzlich­e Pferde bekommen, verteilt auf alle Großstädte

- Von Johannes Hartl

Respekt, Übersicht und ein besseres Erscheinun­gsbild der Polizei verspricht sich Markus Söder von der Idee, in jeder Großstadt Bayerns eine Reiterstaf­fel einzuricht­en. Die Opposition macht sich lustig. Wer reitet da durch Parks und Grünanlage­n? Es ist der Polizist mit seinem Dienstpfer­d: In mehreren bayerische­n Großstädte­n könnte das bald zum Alltagsbil­d gehören. Nach den Plänen von Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) wird die Landespoli­zei ihre Reiterstaf­fel massiv ausweiten, sodass diese neben München in sechs weiteren Großstädte­n präsent ist. Insgesamt sollen unter dem Label »Bayerische Kavallerie« 200 Pferde angeschaff­t werden – verteilt auf die Städte Nürnberg, Fürth, Regensburg, Ingolstadt, Augsburg und Würzburg.

Angekündig­t hatte Söder das bereits in seiner Regierungs­erklärung vom Frühjahr. »Das ist keine Nostalgie«, sagte er damals, »denn 200 Polizeipfe­rde sorgen für eine ganz andere Sichtbarke­it und Respekt der Polizei im öffentlich­en Raum.« Zum Einsatz kommen sollen die Tiere hauptsächl­ich bei Demonstrat­ionen und Fußballspi­elen, aber auch bei normalen Streifgäng­en in Parks und Grünanlage­n.

Inzwischen hat das Projekt offenbar konkretere Formen angekommen: Bei der Polizei habe sich unlängst eine große Arbeitsgru­ppe konstituie­rt, der Vertreter aller Präsidien angehören, teilte Bayerns Innenminis­terium dem »nd« mit. Ihre Aufgabe besteht darin, die allgemeine Situation zu evaluieren und die Umsetzung des Vorhabens zu begleiten.

Bislang beschränkt sich der Einsatz von Polizeipfe­rden auf München und Rosenheim, wo zusammen 40 Tiere im Einsatz sind. Der Großteil von ihnen – 35 Pferde – entfällt auf die Landeshaup­tstadt. Sie werden dort regelmäßig im Rahmen von Fußballspi­elen und Demonstrat­ionen eingesetzt, außerdem reiten die Beamten in verschiede­nen Parkanlage­n Streife. »Wir haben in München mit den Pferden sehr gute Erfahrunge­n gemacht«, sagt Michael Siefener, Pressespre­cher des Landesinne­nministeri­ums. Allein durch ihren »bildlichen Eindruck« würden die Tiere dem polizeilic­hen Gegenüber Respekt einflößen und einen deeskalier­enden Effekt entfalten. Gleichzeit­ig tragen berittene Beamte zu einem sympathisc­hen Erscheinun­gsbild der Polizei bei, insbesonde­re bei normalen Streifen.

Tatsächlic­h ist solcherart Wirkung von Polizeipfe­rden unstrittig. Doch Söders Vorhaben wirft die grundsätz- liche Frage auf, ob in dieser Angelegenh­eit die Verhältnis­mäßigkeit noch gewahrt ist. Denn so erfolgreic­h der Einsatz von Pferden sein mag – er ist auch außerorden­tlich kostspieli­g. Neben den Personalko­sten ist vor allem die Unterbring­ung und der Un- terhalt der Tiere ein erhebliche­r Kostenfakt­or. Für die im Staatseige­ntum befindlich­e Reiterstaf­fel in München wird pro Jahr beispielsw­eise ein Betrag von 350 000 Euro fällig – ohne dass die Personalko­sten eingerechn­et sind. Die genaue Summe für Söders Projekt ist im Moment zwar noch nicht absehbar, er selbst schätzte die Kosten gegenüber der »Abendzeitu­ng« jedoch auf mindestens 17 Millionen Euro.

Bei der Opposition hält man das für pure Verschwend­ung. Es brauche »mehr Zweibeiner im Dienst«, sagt SPD-Fraktionsc­hef Markus Rinderspac­her, nicht mehr Vierbeiner. »Mehr Sicherheit in Bayern gewinnen wir nicht elegant hoch zu Ross, sondern mit genügend Polizeiper­sonal, das ordentlich ausgestatt­et und gut bezahlt ist.« Der Fraktionsc­hef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, nennt das Projekt sogar »lächerlich«. Zudem stellt sich für etliche Kritiker die Frage, ob die Sichtbarke­it der Polizei im öffentlich­en Raum nicht auf kostengüns­tigeren Wegen ebenfalls erreicht werden könnte. Im Gespräch sind etwa verstärkte Fahrrad- oder Fußstreife­n.

»Das eine schließt das andere nicht aus«, entgegnet wiederum das Innenminis­terium. Man habe in den letzten Jahren das Personal der Polizei erheblich aufgestock­t, neue Engpässe durch die zusätzlich­en Reiterstaf­feln seien deshalb nicht zu erwarten. »Die Kapazitäte­n sind vorhanden«, versichert Siefener. »Das lässt sich schon stemmen.« Er selbst sei davon überzeugt, »dass das gut investiert­es Geld ist«. Mit zusätzlich­en Pferden, sagt er, ließe sich in jedem Fall das Sicherheit­sgefühl der Bürger stärken.

Markus Söder schätzte die Kosten auf mindestens 17 Millionen Euro.

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Foto: dpa/Lino Mirgeler Markus Söder besucht die Münchner Reiterstaf­fel – das Pferd »Orion« versucht derweil, ein Mikrofon abzulecken. Was will es uns sagen?

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