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Salvini will Roma in Italien zählen

Zentralrat stellt Pläne in »Tradition faschistis­cher Regimes«

- Von Wolf H. Wagner, Florenz

Rom. Der italienisc­he Innenminis­ter Matteo Salvini von der rechten Lega hat mit Plänen zur Zählung der Roma im Land Empörung ausgelöst. »Gestern die Flüchtling­e, heute die Roma, morgen Pistolen für alle«, sagte der frühere Ministerpr­äsident Paolo Gentiloni von der Demokratis­chen Partei am Dienstag im italienisc­hen Rundfunk. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma erklärte am Dienstag in Heidelberg, er werte die Erfassung als Vorstoß, um »in der Tradition faschistis­cher Regimes zuerst die Vertreibun­g von Migranten aus Italien und dann die Ausgrenzun­g von nationalen Minderheit­en aus der Staatsbürg­erschaft voranzutre­iben«.

Salvini hatte am Montag angekündig­t, er bereite ein »Melderegis­ter« für Angehörige der Roma-Minderheit in Italien vor. Diejenigen unter ihnen, die keinen gültigen Aufenthalt­sstatus hätten, sollten ausgewiese­n werden.

Italiens Innenminis­ter Salvini schockt mit neuen rassistisc­hen Äußerungen. Diesmal will er Roma zählen lassen und am liebsten abschieben. Der Koalitions­partner Fünf Sterne (MSS) distanzier­t sich. Mit rassistisc­hen Äußerungen sorgt Innenminis­ter Matteo Salvini (Lega) nicht nur für Spannungen in der italienisc­hen Regierungs­koalition, sondern auch mit den Partnern in der Europäisch­en Union. Salvini hat eine »Volkszählu­ng« bei den im Lande lebenden Roma gefordert. »Soweit sie italienisc­he Staatsbürg­er sind, können wir sie leider nicht abschieben«, erklärte der Innenminis­ter einem Fernsehsen­der. Eine Äußerung, die herbe Kritik beim Koalitions­partner M5S auslöste. Salvini wollte daraufhin einlenken und modifizier­te seinen Vorschlag: Wenn schon nicht unbedingt ein Zensus, dann sollten doch zumindest die Wohnsiedlu­ngen der Roma überwacht werden. »Dort werden bereits die Kinder zu Kriminalit­ät und Illegalitä­t erzogen«, so der Lega-Chef. Eine Nachbemerk­ung, die den Konflikt wohl kaum entschärfe­n dürfte.

Arbeitsmin­ister Luigi Di Maio, der Spitzenkan­didat der Sternebewe­gung, versuchte, seinen Amtskolleg­en zu mäßigen. Derartige Äußerun- gen des Innenminis­ters seien mit der Verfassung nicht vereinbar. Ebenso wenig entspräche­n sie den Abmachunge­n des Koalitions­vertrages und seien daher nur geeignet, Spannungen zwischen den Partnern zu schüren. Dies umso mehr, als bereits die im Vorfeld von Salvini ergriffene­n Maßnahmen zur Schließung der Häfen und zur Abschottun­g vor Flüchtling­en beim Regierungs­partner nicht unumstritt­en sind. M5S-Senator Ni- cola Morra verschärft­e die Kritik, indem er die Verfassung zitierte: »Alle Bürger haben dieselbe gesellscha­ftliche Würde und sind vor dem Gesetz gleich, unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Rasse, ihrer Sprache, religiösen oder politische­n Ausrichtun­g.«

Heftige Kritik gab es auch von Seiten der Demokratis­chen Partei sowie der linken LeU (Freie und Gleiche), die die Äußerungen Salvinis als rassistisc­h anprangert­en. Die jüngst er- nannten Senatorin auf Lebenszeit Liliana Segre, eine Auschwitz-Überlebend­e, mahnte nachdrückl­ich vor einer Rückkehr zu Rassegeset­zen.

Mit großer Besorgnis sind die Äußerungen Salvinis in Brüssel aufgenomme­n worden. »Wir werden nicht dulden, dass Menschen ihrer ethnischen Herkunft wegen ausgewiese­n werden«, erklärte der Sprecher der EU-Kommission, Alexander Winterstei­n. Auch EU-Wirtschaft­skommissar Pierre Moscovici nannte die Ideen Salvinis »schockiere­nd«, sie ließen ihn »frösteln«. Selbst wenn man in Betracht ziehe, dass Italien in der Flüchtling­skrise nicht allein gelassen werden dürfe, seien solche Vorschläge, wie sie der Innenminis­ter gemacht habe, nicht mit den Regeln der EU vereinbar. Jeglichem Nationalis­mus sei entgegenzu­treten, so der Kommissar.

Am Dienstagvo­rmittag erklärte Matteo Salvini indes, er werde mit seinem Programm fortfahren. Es sei nun vorbei mit der Zeit des strikten Gehorsams, des »Si Padrone«. Italien werde zuerst an seine Interessen denken, so der Minister. Umfragen zufolge scheint die von Salvini betriebene Politik nicht nur den Beifall der extremen Rechten von Fratelli d’Italia, sondern auch großer Teile des Wahlvolks zu finden. Erstmalig übertrumpf­te die Lega mit 29,2 Prozent Zustimmung die Bewegung der Fünf Sterne, die auf 29 Prozent abrutschte. Mit Abstand folgt die Demokratis­che Partei mit 18,8 Prozent, noch weiter zurück liegen Forza Italia mit 9,2 Prozent und Fratelli d’Italia mit 4,1 Prozent. Bei Neuwahlen könnten die Mitte-Rechts-Kräfte derzeit die magische 40-Prozent-Grenze überschrei­ten, bei der es einen Majoritäts­bonus gibt. Auch die Umfragen zeigen, wie sehr Italien nach rechts gedriftet ist.

»Soweit sie italienisc­he Staatsbürg­er sind, können wir sie leider nicht abschieben.« Innenminis­ter Matteo Salvini über die Roma im Land

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