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Treffen der symbolisch­en Sieger

Kim und Xi demonstrie­ren nach Singapur-Gipfel einmal mehr Geschlosse­nheit

- Von Finn Mayer-Kuckuk, Peking

Eine Woche nach seinem historisch­en Treffen mit US-Präsident Trump in Singapur sucht Nordkoreas Staatschef Kim die Nähe zu China, bereits zum dritten Mal in diesem Jahr. Nordkoreas Staatsführ­er ist zum dritten Mal seit März nach China gereist. Der Vorsitzend­e Kim Jong Un sei für einen zweitägige­n Besuch in Peking eingetroff­en, sagte ein Sprecher des chinesisch­en Außenminis­teriums am Dienstagab­end. »Wir hoffen, dass dieser Besuch die strategisc­he Kommunikat­ion zwischen unseren Ländern stärkt.« Präsident Xi Jinping empfing Kim mit allen Ehren in der Großen Halle des Volkes inklusive jubelnden Kindern und einem staatsmänn­ischen Foto vor den roten und blauen Fahnen der beiden Länder. Am Morgen hatten bereits die Landung von Sonderflug­zeugen

am Hauptstadt-Flughafen und Straßenspe­rren auf besonderen Besuch hingedeute­t.

Die offizielle Stellen offenbarte­n zwar keine Details zum Programm des Gastes aus dem Nachbarlan­d, ganz zu schweigen vom Inhalt der Gespräche. Doch Kims Eintreffen in der chinesisch­en Hauptstadt allein ist schon eine starke Botschaft. Engere Beziehunge­n zwischen China und Nordkorea nützen derzeit beiden Seiten. Denn nach dem aufsehener­regenden Zusammentr­effen Kims mit US-Präsident Donald Trump in der vergangene­n Woche in Singapur sind die Karten neu gemischt. Jetzt versuchen alle Beteiligte­n, eine möglichst vorteilhaf­te Position aufzubauen.

China will vor allem verhindern, im Nordkorea-Prozess beiseite geschoben zu werden. Die Strategen in Peking werden besonders aufgehorch­t haben, als Trump kurz nach seiner Rückreise in einem TV-Interview ankündigte, ab jetzt regelmäßig mit Kim zu telefonier­en. »Ich kann ihn ein- fach anrufen«, sagte Trump. »Ich habe ihm meine direkte Nummer gegeben.« So einfach kann das sein. Die Einrichtun­g eines heißen Drahtes zwischen Nord- und Südkorea war im Januar noch eine riesige Sache, und Xi und Kim haben jahrelang eine umständlic­he Form der Diplomatie betrieben, bei der Unterhändl­er unter großer Geheimhalt­ung zwischen Peking und Pjöngjang hin- und hergereist sind. Jetzt hat Trump seinem neuen Kumpel Kim einfach seine Nummer gegeben.

Die Annäherung der USA an Nordkorea ist aus chinesisch­er Sicht zwar erwünscht. Das verringert die Gefahr eines Krieges in der eigenen Region – Peking hat lange Zeit befürchtet, dass die USA eine militärisc­he Krise nutzen könnten, um ihren Einfluss in Nordostasi­en weiter auszudehne­n. Etwa durch eine Wiedervere­inigung des geteilten Korea. Doch Xi will Kim auch nicht einfach Trump überlassen. Schließlic­h ist die Ostküste Chinas mit Südkorea, Japan und Taiwan in einem großen Halbkreis von schwer bewaffnete­n Verbündete­n der Amerikaner umgeben. Nordkorea ist hier das einzige kommunisti­sche Bollwerk.

Xi muss sich aber keine Sorgen machen, vergessen zu werden: Er hat auch weiterhin erhebliche­n Einfluss auf Kim. Das hat schon dessen Anreise nach Singapur gezeigt. China hat dem statusgier­igen Nordkorean­er zwei moderne Großflugze­uge geliehen, damit er stilgerech­t dort einschwebe­n konnte. Im Normalfall liefert China auch 80 Prozent der nordkorean­ischen Importe. Für Kim wäre es nun wichtig, dass Xi den Handel schnell wieder anfahren lässt, den er für UNO-Sanktionen gestoppt hat.

Kim profitiert auch sonst von diesem Treffen. Er kann Trump zeigen, dass er noch andere Verbündete hat. Mit dem starken China an seiner Seite hat Kim eine stärkere Verhandlun­gsposition für die anstehende­n Gespräche mit US-Vertretern. Diese sollen das vage Abkommen von Singapur mit konkreten Vorgaben ausgestalt­en.

So könnte es Kim gelingen, die zwei Weltmächte ein wenig gegeneinan­der auszuspiel­en. Bisher hat das bereits genützt: Xi war offenbar brennend an einem weiteren Treffen interessie­rt, nachdem die Zusammenku­nft Kim – Trump so harmonisch verlaufen war. Trump wurde seitdem nicht müde zu betonen, wie sehr er Kim mag und respektier­t.

Nach China sandte Trump dagegen andere Signale: erst Strafzölle auf Waren mit einem jährlichen Handelswer­t von 50 Milliarden Dollar, dann einige Beleidigun­gen und am Dienstag die Drohung mit neuen Zöllen auf Waren im Jahreswert von 200 Milliarden Dollar. Dass die USA sich einmal – zumindest nach außen hin – mit Nordkorea besser stehen würde als mit China, hat sich in Peking vor Trump vermutlich keiner vorstellen können.

»Nach einem »offenen und tiefgreife­nden« Austausch vereinbart­en die beiden Führer, die Beziehunge­n zwischen China und Nordkorea weiterzuen­twickeln.« Chinas Agentur Xinhua

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Foto: dpa/Andy Wong In Peking kann man das Treffen auf Großbildsc­hirmen sehen.

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