»Jeden Zentimeter Syriens befreien«
Assad drückt auf Lösung für Deeskalationszone im Südwesten des Landes / USA setzen Jordanien unter Druck
Syriens Präsident Assad will alle von regierungsfeindlichen Kräften kontrollierten Gebiete des Landes zurückgewinnen, zunächst über Verhandlungen. Nur ein Teil der Milizen will diesen Weg gehen. Nach der Befreiung der östlichen Ghuta und der südlichen Vororte von Damaskus von terroristischen Gruppen wie dem »Islamischen Staat« und der Nusra-Front, haben die syrischen Streitkräfte den Südwesten des Landes ins Visier genommen. Dort gibt es – geschützt durch die USA, Jordanien und Russland – in den Provinzen Deraa und Qunaitra ein Deeskalationsgebiet.
Seit der Deeskalationsvereinbarung im Juli 2017 hat die militärische Konfrontation im Südwesten Syriens erheblich nachgelassen. Alle sechs Monate steht eine Überprüfung der Lage an, denn die Deeskalationsgebiete sind eine vorübergehende Einrichtung und sollen den Weg zu Verhandlungen und einer politischen Lösung der verfeindeten syrischen Seiten ebnen. Damaskus drängt zu einer Vereinbarung – die Milizen, allesamt abhängig von ausländischer Unterstützung, sind uneinig.
Ein Teil der Gruppen aus dem Südwesten hat bereits vor Monaten Verhandlungen mit der Regierung aufgenommen und steht einer Vereinbarung positiv gegenüber. Doch andere Organisationen, die ein Ende ihres eigenen Einflusses und der Unterstützung ihrer Sponsoren fürchten, weigern sich, an den Verhandlungstisch zu kommen.
Der syrische Präsident Baschar alAssad warf den internationalen Unterstützern der Kampfverbände – USA, Großbritannien, Saudi-Arabien und Israel – vor, eine Einigung zu blockieren. Ein Treffen zwischen Russland, USA und Jordanien – den Garantiestaaten des Deeskalationsgebietes im Südwesten Syriens – wurde in der vergangenen Woche abgesagt. Das US-Außenministerium drohte am Wochenende, sollte die syrische Armee im Südwesten des Landes eine Offensive starten, werde die USA eine »entschlossene Antwort« geben.
Der Druck auf Russland wurde ebenfalls erhöht. Russland sei als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat »voll verantwortlich«, hieß es in Washington. Moskau müsse seinen »diplomatischen und militärischen Einfluss auf die syrische Regierung nutzen«, damit Damaskus alle Angriffe einstellt.
Nach Angaben aus Militärkreisen in Damaskus plant die syrische Armee, «jeden Zentimeter Syriens befreien«. Dazu gehört auch das Gebiet im Südwesten, das von bewaffneten Gruppen in Deraa, in der angrenzenden Provinz Sweida und Qunaitra auf den Golanhöhen kontrolliert wird. Assad sagte dem iranischen Fernsehsender Al-Alam, es gäbe noch keine Entscheidung darüber, ob man militärisch angreife oder den Verhandlungsweg gehe. Bisher würden die Verhandlungen »von den USA und Israel« blockiert. Beide sind im Südwesten Syriens ein enges Bündnis mit den Kampfverbänden eingegangen.
Jordanien, das seit 2011 Aufmarschbasis ausländischen Militärs und von Milizen ist, scheint dagegen an einer Lösung in Syrien interessiert. Aktuell sieht sich Amman allerdings mit Vorstellungen konfrontiert, die auf den Sonderbeauftragten von US-Präsident Donald Trump für einen Nahostfrieden, Jared Kushner, und dem Vernehmen nach auch Israel und Saudi-Arabien zurückgehen. Die Palästinenser in den israelisch besetzten Gebieten sollen demnach aus den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten nach Jordanien umgesiedelt werden, auch ohne dessen Einverständnis. Das würde neue große Konfliktfelder bedeuten.
Bei Luftangriffen auf eine Stellung regierungstreuer Kämpfer in der ostsyrischen Region Al-Hari starben in der Nacht zum Montag mindestens 50 Personen, unter ihnen 30 Iraker, die an der Seite von Syriens Armee kämpften. Syrische Medien und Irak beschuldigten die »amerikanische Koalition«. Die USA dementierten. »Wir haben Gründe zu glauben, dass es sich um einen israelischen Angriff handelte«, sagte ein US-Beamter gegenüber AFP. Israel verweigerte dazu jegliche Auskunft.