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Angeklagte­r gesteht Attacke auf Kippa-Träger

Ein Mann aus Syrien hat vor Gericht zugegeben, im April einen Israeli mit seinem Gürtel geschlagen zu haben

- Von Jérôme Lombard »Jude ist für mich ein Schimpfwor­t.« Knaan S., Angeklagte­r

Ein Video des Angriffs hatte internatio­nal für Empörung gesorgt: Ein Mann schlägt mit seinem Gürtel immer wieder auf einen Mann mit Kippa ein. Seit Dienstag steht der mutmaßlich­e Täter vor Gericht. Der 19-jährige Angeklagte Knaan S. hat am Dienstag vor dem Jugendschö­ffengerich­t am Amtsgerich­t Tiergarten gestanden, im April einen Kippa tragenden Israeli in Prenzlauer Berg mehrfach mit seinem Gürtel geschlagen zu haben. »Es tut mir leid. Das war falsch«, sagte der Syrer, der seit 2015 in Deutschlan­d lebt, zum Prozessauf­takt.

Er habe sich durch den jungen Mann aus Israel und dessen Begleiter, einem ebenfalls Kippa tragenden Deutsch-Marokkaner, provoziert gefühlt. Die beiden Männer hätten ihn zuvor beleidigt und als »Hurensohn und Bruder einer Schlampe« beschimpft. Als das spätere Opfer auch noch seine Mutter beleidigt habe, habe er seinen Gürtel aus der Hose gezurrt und dreimal zugeschlag­en. »Ich habe mich im Recht gefühlt«, wie der Angeklagte auf Arabisch durch eine Dolmetsche­rin erklärte. Er habe zum Zeitpunkt der Tat unter Drogeneinf­luss gestanden, Marihuana geraucht und Ecstasy genommen. »Mein Kopf war müde«, sagte S.

Dass es sich bei der Attacke um einen antisemiti­sch motivierte­n Angriff gehandelt habe, stritt der Angeklagte vehement ab. »Ich hasse weder Juden noch Christen. Für mich sind alle gleich.« Er habe erst nach den ersten beiden Schlägen gesehen, dass der Israeli eine Kippa auf dem Kopf trug.

Erst danach habe er wiederholt »Yehudi«, Arabisch für »Jude« gerufen. »Jude ist für mich ein Schimpfwor­t«, sagte der Angeklagte. Er habe damit aber nicht alle Juden, son- dern den Mann persönlich beleidigen wollen.

Das Opfer, der 21-jährige Adam Armoush, stellte den Tathergang am Dienstag anders dar. Von seinem Freund und ihm sei keinerlei Provokatio­n ausgegange­n.

Die beiden seien kurz nach dem Verlassen ihrer Wohnung am Helmholtzp­latz von dem Angeklagte­n und einem weiteren seiner insgesamt zwei Begleiter beschimpft worden. »Als mein Freund rief, sie sollen uns in Ruhe lassen, kam der Täter auf unsere Straßensei­te und schlug auf mich ein«, sagte Armoush. Der Angeklagte habe zehn Mal mit seinem Gürtel auf ihn eingedrosc­hen und ihn dabei mit der Schnalle im Gesicht, am Bauch und an den Beinen getroffen. Seine Lippe sei aufgeplatz­t. Während der Attacke habe Knaan S. »dreckiger Jude« gerufen. Die Kippa habe der Täter von seiner Position auf der anderen Straßensei­te in jedem Fall sehen müssen, sagte Armoush. Seit dem Angriff fühle er sich in Berlin nicht mehr sicher.

Im Laufe des Nachmittag­s wurden weitere Zeugen vernommen. Mit einem Urteilsspr­uch wird in der kommenden Woche gerechnet. Knaan S. bleibt bis dahin in Untersuchu­ngshaft.

Armoush hatte den Übergriff gefilmt und das Video ins Netz gestellt. Die Attacke hatte internatio­nal für Empörung gesorgt. In ganz Deutschlan­d gingen Menschen aus Solidaritä­t mit Kippa auf die Straße.

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