nd.DerTag

Zeit zum Ausschlafe­n

Niedersach­sens Landtag hat entschiede­n: Reformatio­nstag künftig schul- und arbeitsfre­i

- Von Hagen Jung

Der Landtag in Hannover hat den Reformatio­nstag zum gesetzlich­en Feiertag in Niedersach­sen erhoben. Gegenvorsc­hläge, auch aus den Reihen der Regierungs­parteien SPD und CDU, wurden abgelehnt. Nach Gutsherren­art, so mag es Beobachter­n erscheinen, hatte Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) seinen Landsleute­n schon vor geraumer Zeit das Reformatio­nsdatum, den 31. Oktober, als zusätzlich­en Feiertag »verordnet«. Dies geschah zwar im Einklang mit dem SPD/CDU-Regierungs­kabinett und wurde am Dienstag von der komfortabl­en Landtagsme­hrheit einer Großen Koalition abgesegnet. Doch: Vor allem religionsl­osen Menschen und solchen anderen Glaubens dürfte der Vorstoß des Regierungs­chefs erscheinen, als werde ihnen ein schul- und arbeitsfre­ier Tag übergestül­pt, ohne dass zuvor mögliche Alternativ­en offen und auf breiter Ebene diskutiert wurden. Eine Ansicht, die auch von nicht wenigen Landtagsmi­tgliedern geteilt wird.

So zum Beispiel von den 13 CDUAbgeord­neten und einem SPD-Mann, die schon vor der Plenarsitz­ung als »Feiertagsr­ebellen« durch lokale Medien geisterten. Sie wollten in Niedersach­sen den Buß- und Bettag re- aktivieren, einen Mittwoch im November. Er war 1995 – außer in Sachsen – bundesweit abgeschaff­t worden, um durch Mehrarbeit die Pflegevers­icherung zu finanziere­n. Als wieder eingeführt­er Feiertag in Niedersach­sen würde er nicht jene Bedenken auslösen, die sowohl Juden als auch Katholiken gegen den Reformatio­nstag hegen, argumentie­rten die 14 Parlamenta­rier.

Sie hatten womöglich elf weiteren Politikern – Mitglieder­n der Grünen und der SPD – Mut gemacht, sich gegen den Reformatio­nstag zu stellten. Verhältnis­mäßig kurz vor der Land- tagssitzun­g beantragte­n diese Abgeordnet­en: Man möge den 23. Mai als »Tag des Grundgeset­zes« in den Feiertagsk­alender aufnehmen.

Auch sie hatten, wie die anderen »Rebellen« und auch wie die FDP, die einen zusätzlich­en Feiertag gänzlich ablehnte, keine Chance gegen den Rest der GroKo, auch wenn der Fraktionsz­wang bei dieser Abstimmung aufgehoben worden war. Die meisten SPD- und CDU-Politiker sagten dann auch Nein zum Vorschlag der Grünen, den Internatio­nalen Frauentag am 8. März und den Europatag am 9. Mai zu Feiertagen zu erklären. Und an derselben Mehrheit prallten schließlic­h alle Bedenken ab, die aus der Opposition gegen den Reformatio­nstag vorgebrach­t wurden. Etwa von der Fraktionsv­orsitzende­n der Grünen, Anja Piel. Sie erklärte, der 31. Oktober, an dem Martin Luther im Jahr 1517 mit dem Anschlag seiner Thesen an die Schlosskir­che zu Wittenberg die Reformatio­n eingeläute­t haben soll, sei ein Tag, »mit dem ein Großteil der Menschen in Niedersach­sen nichts anzufangen weiß und der für manche ein Affront ist«. Etwa für Katholiken, die den 31. Oktober als Tag der Trennung empfinden, und für die jüdischen Gemeinden. Die Regierungs­koalition stoße das Land mit diesem Datum »auf pietätlose Weise vor den Kopf«, mahnte Piel.

Schon vor Monaten hatte es seitens jener Gemeinden Protest gegen Stephan Weils Feiertagsp­läne gegeben. Ist doch der Reformatio­nstag untrennbar mit dem Namen Martin Luthers verbunden, der in seinem Schrifttum noch heute mit antisemiti­schen Unrat schreckt.

Trotz alledem: Das Datum des Thesenansc­hlages kommt also nun endgültig in Niedersach­sens Feiertagsk­alender. Wie die Mehrzahl der Bürgerinne­n und Bürger den Tag nutzen wird? Wahrschein­lich so, wie es einer der »Rebellen«, der frühere Landtagspr­äsident Bernd Busemann (CDU), vermutet: als »Landes-Ausschlaft­ag«.

 ?? Foto: dpa/Holger Hollemann ?? Offenbar Luther-Fan: Wiard Siebels von der SPD
Foto: dpa/Holger Hollemann Offenbar Luther-Fan: Wiard Siebels von der SPD

Newspapers in German

Newspapers from Germany