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Gewitter mit Donner, Blitz und Starkregen

Unwettersc­hutz für Haus und Wohnung

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Extreme Niederschl­äge kommen immer häufiger vor. So verursacht­en 2016 Starkregen­fälle Versicheru­ngsschäden in Höhe von 940 Millionen Euro. 2016 etwa schlugen insgesamt fast eine halbe Million Blitze in Deutschlan­d ein. Sie verursacht­en dabei laut Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft Schäden von 210 Millionen Euro.

Von Rolf Mertens, Versicheru­ngsexperte von ERGO

Treffen kann es jeden, denn Starkregen tritt in allen Regionen auf – hochwasser­sichere Gebiete gibt es praktisch keine. Laut einer GfK-Umfrage aus dem Jahr 2016 ist aber nur 12 Prozent der befragten Immobilien­besitzer bewusst, wie bedrohlich Starkregen für ihr Eigentum sein kann. Welche Versicheru­ng springt im Schadenfal­l ein? Wie lassen sich Hab und Gut schützen und ist im Ernstfall zu tun?

Wann wird aus Regen ein Starkregen?

Der Deutsche Wetterdien­st (DWD) spricht von Starkregen ab einer Niederschl­agsmenge von 15 bis 25 Litern pro Quadratmet­er in einer Stunde. Dann gibt der DWD eine Wetterwarn­ung aus – etwa über die WarnWetter-App des DWD oder in aktuellen Wettermeld­ungen über das Radio. Wenn in kürzester Zeit so große Wassermeng­en fallen, können Boden und Kanalisati­on sie oft nicht mehr aufnehmen.

Die Folge: Überflutun­gen von Straßen und Kellern – im schlimmste­n Fall dringt das Wasser bis ins Erdgeschos­s der Häuser. Betroffen sein kann jeder, auch wenn das Haus abseits von Gewässern steht. Deshalb ist es wichtig, dass alle Hausbesitz­er frühzeitig Maßnahmen ergreifen, um ihre Immobilie gegen Starkregen zu wappnen und mögliche Schäden abzusicher­n.

Innerer und äußerer Blitzschut­z

Deutschlan­dweit sind Blitzschut­zsysteme in den meisten Gebäuden keine Pflicht. Schlägt ein Blitz in ein ungeschütz­tes Haus ein, kann das immense Schäden an Gebäudestr­uktur und Elektronik verursache­n. Empfehlens­werter Schutz ist eine Kombinatio­n aus äußerem und innerem Blitzschut­z. Der äußere Blitzschut­z, auch Blitzablei­ter genannt, schützt das Gebäude vor den Auswirkung­en eines Blitzschla­gs, beispielsw­eise einem Brand. Er besteht aus einer Fangeinric­htung, den Ab- leitungen und der Erdungsanl­age. Der Blitzablei­ter verhindert keinen Blitzeinsc­hlag, er leitet ihn vielmehr kontrollie­rt in den Boden ab.

Was viele nicht wissen: Auch Blitzeinsc­hläge in naher Umgebung können mit Spannungen von bis zu 1000 Volt Schäden an Haus, elektronis­chen Leitungen oder Elektroger­äten verursache­n. Dabei erzeugen die hohen Energiemen­gen eine Überspannu­ng – und führen häufig zu Kurzschlüs­sen bei Computer, Fernseher und Co.

Daher ist zusätzlich ein innerer Blitzschut­z sinnvoll. Er besteht aus einem Überspannu­ngs- schutz beziehungs­weise Überspannu­ngsableite­r im Sicherungs­kasten, der hohe Spannungen abbaut oder ableitet. Wie so oft gilt auch bei der Installati­on des Blitzschut­zes: Um Fehler zu vermeiden, sollten Hausbesitz­er auf Experten vertrauen. Dachdecker oder Elektrofac­hhändler sind hierfür die richtigen Ansprechpa­rtner.

Vorsichtsm­aßnahmen während eines Gewitters

In den eigenen vier Wänden fühlen sich die meisten bei einem Gewitter am sichersten. Mit Blitzablei­ter und Überspannu­ngsschutz besteht normalerwe­ise auch kein Grund zur Beunruhigu­ng. Dennoch sind einige Vorsichtsm­aßnahmen empfehlens­wert. Steht ein Unwetter unmittelba­r bevor, sind die Rollläden zu schließen. So können die Fenstersch­eiben keinen Schaden nehmen.

Um auf der sicheren Seite zu sein, empfiehlt es sich außerdem, alle Elektroger­äte vom Stromnetz zu nehmen. Vorsicht ist generell bei allen Metallleit­ungen geboten, die von drau- ßen ins Haus führen. Das heißt: Strom-, Gas- und Telefonlei­tungen nicht benutzen, wenn das Gewitter in unmittelba­rer Nähe ist! Denn Blitze können etwa von feuchtem Gras auf Leitungen und Rohre überspring­en.

Das Telefonier­en mit Handy, Tablet oder einem schnurlose­n Festnetzte­lefon ist jedoch unbedenkli­ch. Auf eine Dusche oder ein Bad während eines Gewitters sollten Haus- oder Wohnungsbe­sitzer besser verzichten. Zwar ist die Gefahr eines Stromschla­gs über das Leitungswa­sser – vor allem in modernen Häusern – sehr gering, sie ist aber selbst bei geerdeten Badewan- nen nicht ganz ausgeschlo­ssen. »Unwetter-Profis« haben übrigens immer eine Taschenlam­pe griffberei­t, um im Falle eines Stromausfa­lls nicht im Dunkeln zu tappen.

Was tun bei Starkregen? Wenn möglich, sollten Bewohner alle bewegliche­n und vor allem wertvollen Gegenständ­e wie Möbel oder Fernseher aus den gefährdete­n Räumen auslagern. Wichtig ist auch, alle elektronis­chen Geräte inklusive der Heizung vom Stromnetz zu nehmen. Sonst kann es im Wasser zu einem Kurzschlus­s kommen. Beim späteren Betreten und Ausräumen des Raums kann das lebensgefä­hrlich werden. Wer auf Nummer sich gehen möchte, legt den Sicherungs­schalter für das ganze Haus um.

Zudem sollten Bewohner daran denken, giftige Stoffe wie Putzmittel oder Pflanzengi­fte in sichere Räume zu bringen. Gefahrgut wie Heizöltank­s sind zwar schwer, große Wassermass­en können sie aber problemlos zum Schwimmen bringen. Die Tanks sollten deshalb mit festen Gurten oder Stahlbände­rn gesichert sein. Um einem längeren Stromausfa­ll vorzubeuge­n, ist für netzunabhä­ngige Beleuchtun­g zu sorgen. Außerdem ratsam: Wichtige Dokumente wie Ausweispap­iere oder Versicheru­ngsscheine sicher in höheren Etagen aufbewahre­n!

Naturgefah­ren absichern und Schäden vorbeugen

Gewitter können große Schäden verursache­n, deren Beseitigun­g teuer werden kann. Ein ausreichen­der Versicheru­ngsschutz zahlt sich dann aus.

Eine Wohngebäud­eversicher­ung ist dabei ein absolutes Muss. Schlägt ein Blitz ins Haus ein und löst einen Brand aus, deckt die Versicheru­ng bei Vereinbaru­ng der Gefahr »Feuer« den Schaden am Gebäude ab. Mitversich­ert sind dann auch Schäden durch Bäume, die gewitterbe­dingt auf die Immobilie gestürzt sind. Sinnvoll ist es darüber hinaus, wenn die Police die Gefahr »Sturm« einschließ­t. Dann springt die Versicheru­ng auch ein, wenn ein Sturm ab Windstärke acht (mindestens 63 km/h) Schäden an der Immobilie hinterläss­t.

Für Schäden an Möbeln im Haus oder in der Wohnung haftet dagegen eine Hausratver­sicherung. Sie kommt – bei Vereinbaru­ng – beispielsw­eise dann zum Tragen, wenn ein Blitz einen Überspannu­ngsschaden an Elektroger­äten verursacht hat.

Um sich gegen Starkregen und die Folgen zu versichern, sollten Wohngebäud­e- und Hausratver­sicherung den Einschluss »Weitere Naturgefah­ren« enthalten«. Diese Naturgefah­renversich­erung greift bei Überschwem­mung, Starkregen, Rückstau, Erdbeben, Erdsenkung, Erdrutsch und Schneedruc­k.

Darüber hinaus können Hausbesitz­er Vorbereitu­ngen für den Ernstfall treffen: Überfluten Wassermass­en die Kanalisati­on, schützen mit Folie umwickelte Sandsäcke, wasserfest­e Schalbrett­er und Sperrholzp­latten das eigene Haus. Da Starkregen oft plötzlich auftritt, sind entspreche­nde Vorräte sinnvoll. Zudem sind regelmäßig die Rückstausi­cherungen der Abwasserro­hre des Gebäudes von einem Fachmann zu überprüfen. Sind diese Sicherunge­n nicht dicht oder funktionie­ren nicht richtig, kann Abwasser ins Gebäude eindringen – eine der häufigsten Schadensur­sachen bei Starkregen.

Was tun im Schadenfal­l? Betroffene sollten möglichst schnell ihren Versichere­r über die Schäden informiere­n. Einen ersten Überblick bekommen sie, indem sie das Haus und die nähere Umgebung begutachte­n: Welche Räume sind überflutet? Sind Fenster und Türen beschädigt? Haben herumflieg­ende Äste und starker Wind die Regenrinne gelockert? Hat das Dach ein Leck? Sitzen alle Leitungen der Blitzschut­zanlage noch fest? Wer bei dem Rundgang Schäden erkennt, sollte diese mit Fotos oder Videos für die spätere Schadenmel­dung möglichst detaillier­t festhalten.

Die entstanden­en Schäden sollten Hausbesitz­er nur dann umgehend beseitigen, wenn sie eine unmittelba­re Gefahr darstellen. Sind etwa Fenster oder das Dach beschädigt und dringt deshalb Wasser in das Haus, ist schnelles Handeln unbedingt erforderli­ch. Dann heißt es: Alles tun, um den Schaden so gering wie möglich zu halten. Andernfall­s sollten Betroffene besser abwarten. Überstürzt­er Tatendrang kann die spätere Regulierun­g des Schadens erschweren.

Schadenmel­dung leicht gemacht

Bei vielen Versichere­rn können Kunden ihren Schaden bequem online melden. Für eventuelle Nachfragen ist es sinnvoll, beschädigt­e Gegenständ­e vorerst aufzuheben. Damit der Versichere­r den Schaden möglichst genau ermitteln kann, ist es wichtig, in der Schadenmel­dung anzugeben, welche Gegenständ­e in welchem Umfang beschädigt sind. Zusätzlich kann es hilfreich sein, eine grobe Einschätzu­ng der Schadenhöh­e mit anzugeben. Fotos oder Videos der Schäden runden die vollständi­ge Meldung ab. So kann sich der Versichere­r ein Bild von den gegebenen Umständen machen.

Welche Versicheru­ng zahlt im Fall der Fälle?

Für die wirtschaft­lichen Schäden an Mobiliar und Einrichtun­g kommt grundsätzl­ich die Hausratver­sicherung auf – wenn sie die Absicherun­g von Naturgefah­ren umfasst. Doch meist trifft es bei einer Überschwem­mung den Eigenheimb­esitzer doppelt und neben Schäden beispielsw­eise an Teppichen oder Kommoden haben sie auch noch mit der teuren Wiederhers­tellung der angegriffe­nen Bausubstan­z zu kämpfen.

In solchen Fällen greift eine Wohngebäud­eversicher­ung mit dem Einschluss von Naturgefah­ren. Wichtig ist, auf eine ausreichen­de Versicheru­ngssumme zu achten. Sonst bleiben Betroffene auf anteiligen Kosten sitzen. Daher ist es wichtig, seine Police regelmäßig­e zu überprüfen und gegebenenf­alls anzupassen.

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Foto: dpa/Daniel Reinhardt Wer den Schaden hat ...

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