nd.DerTag

Ein wenig Rosa in dunkler Zeit

Ein Kunstwerk als Symbolbild weltweiter Flüchtling­spolitik

- Mdr

Berlin. Ein kleines schwarzes Mädchen übersprüht ein großes Hakenkreuz, blickt den Betrachter auf einer Kiste stehend erschrocke­n, verzweifel­t an. Am Boden liegen Schlafsach­en und ihr Teddybär. Eine erbärmlich­e Heimstatt und diese auch noch bedroht. Ein Kind, alleingela­ssen, darauf angewiesen, seiner Umwelt selbst ein wenig rosa Farbe entgegenzu­setzen.

Das neueste Kunstwerk, das dem Street-ArtKünstle­r Banksy zugeschrie­ben wird, tauchte mit fünf anderen mutmaßlich­en Werken des Briten am Wochenende in Paris auf. Interpreti­ert wird das Bild mit dem Mädchen, das sich in der Nähe eines ehemaligen Flüchtling­saufnahmez­entrum befindet, als Kritik an der französisc­hen Asylpoliti­k. An Zuständen wie in Paris, wo Flüchtling­e auf den Straßen campieren müssen.

Gelungen ist dem Künstler (ob nun Banksy oder nicht) mit seinem Werk über die französisc­hen Verhältnis­se hinaus ein universell­es Symbolbild für den Umgang mit Flüchtling­en in Zeiten eines weltweit spürbaren Rechtsruck­s, der Wiederkehr des Nationalis­mus, der Heilssuche in Abschottun­g, Abschrecku­ng, Antihumani­smus. Kinder in Käfigen und bald in Gefängniss­en in den USA, Menschen, die auf Hilfsschif­fen im Mittelmeer festsitzen, weil ihnen auf europäisch­em Land niemand mehr helfen will, ein fortgesetz­ter Wettstreit darum, wer Flüchtling­e am schlechtes­ten behandelt, damit sie woanders Hilfe suchen mögen.

In der Europäisch­en Union ist man derweil nach dem Sondertref­fen am Sonntag und vor dem regulären Gipfel Ende dieser Woche einer gemeinscha­ftlichen Lösung von Migrations­fragen kaum einen Schritt näher gekommen. Dem Mädchen auf dem Bild wäre damit auch nicht geholfen. Gearbeitet wird da nämlich nicht an der rosa Farbe; eher an dem, was sie verdecken soll.

 ?? Foto: AFP/Philippe Lopez ??
Foto: AFP/Philippe Lopez

Newspapers in German

Newspapers from Germany