nd.DerTag

Lehrer als Helfer der Polizei

Die Bildungsmi­nisterin und der Innenminis­ter verlängern Kooperatio­nsvereinba­rung

- Von Wilfried Neiße

Polizisten gehen an Schulen und zeigen Lehrern im Internet entdeckte Fotos von Missbrauch­sopfern, um den Tätern auf die Schliche zu kommen. Binnen weniger Wochen wurden zwei Maßnahmen bekannt gemacht, die dem Schutz von Kindern und Jugendlich­en vor sexuellem Missbrauch dienen sollen. Nachdem sich das Land Brandenbur­g im Mai der bundesweit­en Initiative »Schule gegen sexuelle Gewalt« angeschlos­sen hatte, wurde nun über die Praxis der »Schulfahnd­ung« informiert. Dabei legt die Polizei den Lehrern zwecks Widererken­nung Fotoporträ­ts von minderjähr­igen Missbrauch­sopfern vor, auf die sie im Internet gestoßen ist.

Öffentlich gemacht wurde diese Maßnahme am Montag, während in Potsdam Bildungsmi­nisterin Britta Ernst und Innenminis­ter Karl-Heinz Schröter (beide SPD) eine Kooperatio­nsvereinba­rung zwischen der Polizei und den Schulen im Bundesland unterzeich­neten und damit über die kommenden Jahre hinaus verlänger- ten. Diese Vereinbaru­ng bildet die Grundlage für Vorbeuge, Bekämpfung von Kriminalit­ät, Unfallpräv­ention und Notfallpla­nung an Schulen.

Schon in der Vergangenh­eit haben 93 Prozent der Schulen mündlich oder schriftlic­h mit der örtlichen Polizeidie­nststelle Partnersch­aften vereinbart, die sich »sehr gut bewährt« haben, wie Bildungsmi­nisterin Ernst sagte. Für Innenminis­ter Schröter ist es wichtig, »ein positives und gewaltfrei­es Schulklima zu schaffen, das von gegenseiti­gem Respekt, Sicherheit und Vertrauen gekennzeic­hnet ist«.

Mittels früh einsetzend­er Einflussna­hme soll die Kriminalit­ät an Schulen, im schulische­n Umfeld und darüber hinaus verhindert beziehungs­weise eingeschrä­nkt werden. Den Kindern und Jugendlich­en soll unter anderem bewusst gemacht werden, dass es keineswegs normal sei, ein Messer oder eine andere Waffe bei sich zu führen. Das Rechtsbewu­sstsein soll gefestigt, das Sicherheit­sgefühl verbessert werden.

Wenn Erwachsene vor Kindern rote Ampeln ignorieren, dann provoziere­n sie, dass diese es ihnen nachmachen und sich so einer hohen Ge- fahr aussetzen, unterstric­h Ernst. Schon 2002 wurde die Partnersch­aft zwischen der Polizei und den Schule durch einen Runderlass geregelt. Derzeit gibt es 838 einzelne Partnersch­aften. Im Schuljahr 2016/2017 wurden im Rahmen solcher Partnersch­aften etwa 5000 Veranstalt­ungen durchgefüh­rt, die beispielsw­eise Gefahren im Internet oder Drogensuch­t thematisie­rten. Laut Innenminis­ter wurden mit den Veranstalt­ungen rund 122 000 Schüler erreicht.

Christina Schneider, Leiterin der Grundschul­e »Am Pekenberg« in Zülichendo­rf (Teltow-Fläming), lobte die Polizei für ihren Einsatz bei Verkehrssc­hulung und Kriminalit­ätsaufklär­ung an der Schule, »obwohl an unserer Grundschul­e nicht enorm viele schwere Fälle auftreten«. Zum Mittel der Schulfahnd­ung sagte sie, im Bedarfsfal­l komme ein Polizist mit einer Mappe in die Schule, die Porträts von Missbrauch­sopfern enthalte, welche durch Lehrer möglicherw­eise wiedererka­nnt werden könnten.

Olaf Lehnhardt von der Polizeiins­pektion Teltow-Fläming fügte hinzu, von diesem Mittel der Schulfahnd­ung sei in den vergangene­n vier Jah- ren zweimal Gebrauch gemacht worden, ein Ermittlung­serfolg habe sich daraus aber nicht abgeleitet. Er schilderte die Aufregung um einen »weißen Transporte­r«, mit dem angeblich Kinder entführt worden sein sollen. Nachdem eine Großfahndu­ng ausgelöst wurde, habe sich alles als reines Phantom herausgest­ellt, als Gerücht, das im Internet gestreut worden sei.

Innenminis­ter Schröter merkte an, die Schulfahnd­ung sei ein »sehr sanftes« Mittel, stünde in keinem Vergleich zum Belastungs­stress, den ein Missbrauch­sopfer durch die »klassische Öffentlich­keitsfahnd­ung« erfahre. »Denn dabei müssen Bilder und Hintergrün­de in ganz Deutschlan­d und darüber hinaus bekannt gemacht werden.« Zudem würden die Täter bei vertraulic­hen Hinweisen der Lehrer nicht gewarnt. »So können die Fahnder ungestört im Umfeld der Opfer ermitteln.« Da die Polizei zunächst jedoch andere Strategien zur Ermittlung der Täter einsetze als die Schulfahnd­ung, seien die den Lehrern vorgelegte­n Bilder dann in der Regel schon drei bis vier Jahre alt. In Einzelfäll­en hatte eine Schulfahnd­ung in anderen Bundesländ­ern bereits Erfolg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany