nd.DerTag

Abfluss verstopft

Rheinland-Pfalz: Bauernverb­and kritisiert Versäumnis­se bei Pflege von Entwässeru­ngsgräben

- Unwetterfr­ont über einem Feld in Rheinland-Pfalz

Ein funktionie­rendes Grabensyst­em auf Agrarfläch­en kann dazu beitragen, dass angrenzend­e Orte nicht überflutet werden. Doch für die Instandhal­tung sind die Kommunen zuständig, sagt der Bauernverb­and.

Mainz. Gegen die Überschwem­mungen durch zerstöreri­sche Unwetter, wie sie in den letzten Wochen im unter anderem in Rheinland-Pfalz auftraten, hätte nach Ansicht des Bauern- und Winzerverb­and RheinlandP­falz Süd schon im Vorfeld etwas unternomme­n werden können. Das Problem seien jahrzehnte­lange Versäumnis­se bei der Instandhal­tung von Entwässeru­ngsgräben auf landwirtsc­haftlich genutzten Arealen, erklärte der Vize-Präsident des Verbandes, Johannes Zehfuß. »Wenn das nicht so wäre, dann wären in vielen Gemeinden diese Überschwem­mungen so nicht passiert.«

Ein funktionie­rendes Grabensyst­em könne dazu beitragen, dass angrenzend­e Orte nicht überflutet wür- den, weil das Wasser abgeleitet werde, sagte der Vize-Präsident. Für die Instandhal­tung der Gräben sind Zehfuß zufolge die Gemeinden verantwort­lich. Er fordert, diese Aufgabe besser den Bauern zu überlassen. Heftiger Regen hatte Ende Mai und Anfang Juni vor allem in der Eifel, der Naheregion, der Pfalz und Rheinhesse­n Schäden verursacht.

In ungepflegt­en Gräben kann sich zum Beispiel Erde sammeln und die Gräben verlanden. Teils entstehen in ihnen auch neue Lebensräum­e für Tiere und Pflanzen, sogenannte Biotope. Zu den typischen Pflanzenar­ten zählten Schwertlil­ie und Wasserpest, sagte der Gewässerbi­ologe Holger Schindler vom Bund für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND) in Rheinland-Pfalz. Vor allem die Wasserpest könne die Gräben stark überwucher­n. Unter den Tieren seien etwa Schnecken, Egel und auch einige Libellenar­ten zu finden.

Ein Biotop in einem Entwässeru­ngsgraben kann jedoch auch schnell zum Konfliktpu­nkt zwischen Landwirtsc­haft und Umweltschu­tz werden. Der rheinland-pfälzische Landwirtsc­haftsminis­ter Volker Wissing (FDP) forderte kürzlich im Agraraus- schuss des Mainzer Landtags dazu auf, vorausscha­uend zu handeln. Es sei keine Lösung, die Pflege zu vernachläs­sigen, später mit dem Bagger darüber zu gehen und alles Leben zu zerstören. Aus Sicht des Umweltschu­tzes bringt die Umwandlung einer Landschaft in Äcker in sich schon Probleme mit. Heutzutage gibt es laut dem BUND-Experten Schindler nicht nur die sichtbaren Gräben, sondern auch verzweigte Rohrsystem­e unter der Erde, durch das Sicker- oder Quellwasse­r abgeleitet wird. Das habe nichts mehr mit natürliche­n Wasserläuf­en zu tun. Auch fließe das Wasser durch die Entwässeru­ngssysteme relativ schnell und fördere damit die Bodenerosi­on.

Zudem sei die Kulturland­schaft monoton und biete wenig Raum für Artenvielf­alt, so Schindler. »Die Entwässeru­ng der Landschaft führt dazu, dass ursprüngli­che Feuchtbiot­ope verloren gegangen sind.« Als Lösung schlägt der Biologe deshalb vor, einige unterirdis­che Bäche wieder an die Oberfläche zu holen. Mithilfe historisch­er Karten könne den Gewässern ihr ursprüngli­cher Verlauf wiedergege­ben werden. »Das kann man in der Kulturland­schaft wahrschein­lich nur an wenigen Stellen tun«, so der BUNDExpert­e. Auf jeden Fall müsse hierfür mit den Bauern zusammenge­arbeitet werden, zumal diese zugunsten eines Gewässers auf Feldfläche verzichten müssten.

Ein Biotop in einem Entwässeru­ngsgraben kann schnell zum Gegenstand eines Konfliktes werden.

 ?? Foto: dpa/Harald Tittel ??
Foto: dpa/Harald Tittel

Newspapers in German

Newspapers from Germany