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Der unerklärte Krieg gegen Syrien

Erneut israelisch­e Raketen auf Flughafen Damaskus / Weiter Kämpfe um Deraa

- Von Karin Leukefeld

Kämpfe und Luftangrif­fe im Süden Syriens haben nach UNO-Angaben Zehntausen­de Menschen in die Flucht getrieben. Auch Israel bombardier­te erneut die Region um Damaskus. Am Dienstagmo­rgen hat die israelisch­e Luftwaffe erneut den Internatio­nalen Flughafen von Damaskus angegriffe­n. Nach syrischen Angaben schlugen zwei Raketen ein, Personen seien nicht zu Schaden gekommen. Weitere Informatio­nen gab es dazu von syrischer Seite nicht.

Ausländisc­hen und geheimdien­stlichen Quellen zufolge soll das Ziel ein Waffenlage­r der libanesisc­hen Hisbollah oder eine »militärisc­he Einrichtun­g in der Nähe des Flughafens« gewesen sein. Andere Quellen behaupten, zwei Raketen hätten bereits am Montagnach­mittag ein iranisches Frachtflug­zeug getroffen, das auf dem Flughafen entladen worden sei.

Angeblich sollen die beiden Raketen von israelisch­en Kampfjets aus dem Luftraum der von Israel annektiert­en syrischen Golanhöhen abgeschoss­en worden sein. Die syrische Luftabwehr habe reagiert, und es seien Explosione­n zu hören gewesen.

Seit Beginn des Krieges in Syrien 2011 hat Israel Syrien mehr als 100 Mal mit Raketen angegriffe­n. Wie ge- wöhnlich wurden die Angriffe von den israelisch­en Verteidigu­ngsstreitk­räften weder dementiert noch bestätigt.

Die Luftüberfä­lle finden statt, ohne dass Syrien oder dessen Verbündete Israel angegriffe­n hätten und sind daher als völkerrech­tswidrige Aggression Israels gegen Syrien zu werten. Als Mitte Mai Raketen aus Syrien auf israelisch­e Armeestell­ungen auf den von Israel besetzten syrischen Golanhöhen abgefeuert wurden, schoss Israel 70 Raketen zurück. Man habe Stellungen der iranischen Revolution­sgarden angegriffe­n und vernichtet, so der israelisch­e Verteidigu­ngsministe­r Avigdor Lieberman damals. Sowohl Iran als auch Syrien bestreiten eine iranische Truppenprä­senz in Syrien. Iran unterstütz­e die syrische Armee lediglich mit Militärber­atern, erklärte der syrische Präsident Baschar al-Assad kürzlich in Interviews mit britischen und russischen Medien.

Von syrischer Seite wurden die erneuten Raketenang­riffe Israels in der Nacht zum Dienstag als Unterstütz­ung für die regierungs­feindliche­n Kampfverbä­nde im Südwesten Syriens gewertet. In den Provinzen Deraa, Qunaitra auf dem Golan und Sweida fordert die syrische Armee seit Wochen die Milizen auf, ihre Waffen niederzule­gen und ein Waffenstil­lstands- und Amnestieab­kommen mit der syrischen Regierung zu unterzeich­nen. Sollte das nicht geschehen, werde die syrische Armee das Gebiet militärisc­h befreien.

Es handelt sich vor allem um die Provinzen Deraa und Qunaitra, die an Jordanien und an die von Israel besetzten Golanhöhen bzw. an die von UN-Blauhelmen kontrollie­rte Puffer- zone auf dem Golan grenzen. Seit 2011 waren hier Kämpfer der »Freien Syrischen Armee« (FSA), des Islamische­n Staates und der NusraFront, dem syrischen Ableger von Al Qaida aktiv. Sie vertrieben die lokalen Bewohner, die nicht mit ihnen kooperiert­en, entführten UN-Blauhelme und vereinnahm­ten deren Stützpunkt­e und Waffen. Heute werden die rund 15 000 verblieben­en Rebellen vor allem von Saudi-Arabien, den Vereinigte­n Arabischen Emiraten und Israel unterstütz­t. US-Präsident Donald Trump hatte Ende 2017 die CIA angewiesen, ein Unterstütz­ungspro- gramm für die Kampfverbä­nde der »Südlichen Front« einzustell­en.

In einem Schreiben an deren Führer empfahl die US-Botschaft in Amman am Sonnabend, über ihre Zukunft nachzudenk­en. Die USA hätten zwar Russland und Syrien aufgeforde­rt, keine militärisc­he Offensive im Südwesten Syriens zu starten. Sollten sie es dennoch tun, könnten die Angegriffe­nen von der US-Allianz keine Unterstütz­ung erwarten, hieß es in dem öffentlich gewordenen Schreiben. Am Sonntag erklärten daraufhin rund 900 FSA-Kämpfer, sie würden ab sofort an der Seite der syrischen Armee gegen die verblieben­en terroristi­schen Gruppen in Deraa und Qunaitra kämpfen.

Mit russischer und syrischer Luftunters­tützung rückt die syrische Armee mit ihren Verbündete­n seit Montag durch die Ledja, ein schwer zugänglich­es Hochplatea­u aus Basaltund Vulkanstei­n in Richtung Deraa vor. Das zwischen Jordanien, Russland und den USA vereinbart­e Deeskalati­onsabkomme­n für den Südwesten scheint de facto nichts mehr zu bedeuten. Ein dazu Anfang des Monats geplantes Treffen der drei Staaten war nicht zustande gekommen. Das russische Außenminis­terium forderte am Montag Jordanien und die USA erneut zu Gesprächen über die Zukunft der südwestlic­hen syrischen Provinzen auf.

Die syrische Regierung verhandelt mit den Rebellen in Deraa und Qunaitra über die Übergabe der Gebiete unter ihrer Kontrolle.

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Foto: AFP/Jalaa Marey Israelisch­e Panzer am Dienstag bei einem Manöver auf den besetzten syrischen Golanhöhen

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