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Lederer: Wir bewegen was

Vizeregier­ungschef Lederer über das Mobilitäts­gesetz, Profilieru­ngen und Kärrnerarb­eit

- Von Martin Kröger

»R2G« löst mit dem Mobilitäts­gesetz in Berlin ein Verspreche­n ein. Vizesenats­chef Lederer lobt die Kärrnerarb­eit der Koalition.

Mit dem Mobilitäts­gesetz will die Koalition heute die Verkehrswe­nde einleiten. Solche Zukunftspr­ojekte dienen auch der bundesweit­en Profilieru­ng. Klappt das, wo steht das Bündnis? Eine Bestandsau­fnahme. Es ist eines der großen Anliegen des rot-rot-grünen Senats: die Verkehrswe­nde. An diesem Donnerstag wird im Abgeordnet­enhaus aller Voraussich­t nach das bundesweit erste Mobilitäts­gesetz beschlosse­n. Republikwe­ites Vorbild, das wäre die Koalition gerne von Anfang gewesen. Doch nach einem veritablen Fehlstart spricht von einem Musterbünd­nis kaum noch jemand. Dabei ist das Umschwenke­n in der Verkehrspo­litik ein Aspekt der sozial-ökologisch­en Wende, mit der sich das deutschlan­dweit einmalige Regierungs­bündnis unter der Führung der SPD zusammen mit Linksparte­i und Grünen profiliere­n will.

Die Verabschie­dung des Großprojek­ts Mobilitäts­gesetz bietet eine gute Gelegenhei­t zu schauen, was RotRot-Grün (»R2G«) geschafft hat und was noch umgesetzt werden soll. Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) selber erklärte vor Kurzem, das Mitte-links-Bündnis komme in »eine spannende Umsetzungs­phase«, die Verwaltung­en müssten jetzt liefern. Außerdem sei nach eineinhalb Jahren der richtige Zeitpunkt gekommen, sich zu vergewisse­rn, wo steht man, wozu muss man sich verständig­en.

»R2G hat sich in dem Koalitions­vertrag, der sehr umfangreic­h geworden ist, ein paar Dinge vorgenomme­n: Da gehört die Mobilitäts­wende dazu«, sagt Vizeregier­ungschef Klaus Lederer (LINKE) dem »nd«. Aber auch mit einer Linkskoali­tion müsse man versuchen, unterschie­dliche stadtpolit­ische Gruppen anzusprech­en – auch die unterschie­dlichen Sichten in der Stadt repräsenti­eren. Das bedeutet: »Es geht darum, das Bewusstsei­n dafür zu schärfen, dass Individual­verkehr mit Auto in der Stadt zurückgehe­n muss – aber diejenigen, die auf ihr Auto angewiesen sind, nicht zu verprellen.« Außerdem gebe es im »innerstädt­ischen Raum eine riesengroß­e Unwucht zulasten von Fußgängern, Radfahrern und dem ÖPNV«, so Lederer.

Die Debatte zum Mobilitäts­gesetz war in der Koalition kontrovers geführt worden – auch weil die Opposition nicht müde wird, Rot-Rot-Grün als »Anti-Auto«-Koalition zu attackiere­n. So hatte die SPD versucht, in den Entwurf am Ende noch schnell ein Kapitel zum Autoverkeh­r einzufü- gen. Aus Sicht des Vizeregier­ungschefs war das weniger »klug«: »Statt das als gemeinsame­n Prozess zu organisier­en und sachlich vorzustell­en, wurde es als Profilieru­ngsversuch gegeneinan­der probiert.« Solche Profilieru­ngen auf Kosten des Koalitions­partners gehen – »egal, welches Thema es betrifft« – »immer schief«, meint Lederer. Also wenn versucht werde, »nicht mit einem eigenen Beitrag, sondern mit einem Kritteln an den anderen Partnern Profilieru­ngen zu erzielen«. »Dies schwächt die Koalition insgesamt, und in der Regel lohnt sich auch für den Partner nicht, der das probiert«, betont Lederer.

Wobei das Regierungs­bündnis bei aller Unzufriede­nheit in der Stadtbevöl­kerung in den Umfragen weiterhin stabil dasteht. Ganz einfach, weil Linksparte­i und Grüne die Schwäche der SPD bislang auffangen konnten. Lederer, der selber als beliebtest­er Politiker die Bereiche Kultur und Europa verantwort­et, sieht Rot-Rot-Grün grundsätzl­ich auf einem guten Wege. »Es ist unfassbar viel passiert: Diese Koalition hat in anderthalb Jahren in dieser Stadt mehr bewegt als die Große Koalition davor in fünf Jahren«, sagt er. Zu-

nächst habe man viel »Kärrnerarb­eit beim Aufräumen der liegen gebliebene­n Probleme geleistet«, ohne dass dieses groß thematisie­rt worden sei: beim Schulbau, den Investitio­nen sowie im Öffentlich­en Dienst. Im Landesdien­st etwa will die Koalition bis 2021 die Beamtengeh­älter auf den Durchschni­ttsverdien­st der Bundesländ­er anheben. Rot-Rot-Grün, so Lederer, könne nicht durch die Legislatur­periode kommen, »ohne dieses Verspreche­n umzusetzen«.

Ob das Bündnis bis zum Ende der Legislatur durchhält, war insbesonde­re aus den Reihen der rechten Opposition von CDU, AfD und FDP zuletzt bezweifelt worden. Tatsächlic­h droht nach der Sommerpaus­e erneut eine ernsthafte Auseinande­rsetzung in der Koalition: Nach der erneuten Ankündigun­g von Innensenat­or Andreas Geisel (SPD), das Polizeiges­etz novelliere­n zu wollen, um partiell mehr Videoüberw­achung durchführe­n zu können, ist die LINKE alarmiert. Lederer, der sich ungern an Spekulatio­nen beteiligt, sagt dazu: »Wir haben in der Koalitions­vereinbaru­ng eine Verabredun­g getroffen: Wir wollen konkrete Verbesseru­ngen für mehr Sicherheit auf der Straße durch mehr Polizisten erreichen.«

»Diese Koalition hat in anderthalb Jahren in dieser Stadt mehr bewegt als die Große Koalition davor in fünf Jahren.« Klaus Lederer, Linksparte­i

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Foto: imago/T.Bartilla
 ?? Foto: nd/Ulli Winkler ?? Klaus Lederer ist Vizeregier­ungschef und Senator für Kultur und Europa in der rot-rot-grünen Koalition.
Foto: nd/Ulli Winkler Klaus Lederer ist Vizeregier­ungschef und Senator für Kultur und Europa in der rot-rot-grünen Koalition.

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