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Wirtschaft bereitet sich auf Brexit vor

Studie: Viele deutsche Unternehme­n spüren bereits Auswirkung­en

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London. Im nächsten Jahr wird Großbritan­nien die EU verlassen. Doch viele deutsche Unternehme­n haben bereits jetzt mit Auswirkung­en des geplanten EU-Ausstiegs zu kämpfen. Das geht aus einer Brexit-Studie der Unternehme­nsberatung Deloitte hervor, die am Mittwoch veröffentl­icht wurde. Rund ein Drittel der befragten deutschen Unternehme­n hat demnach Investitio­nen wegen der hohen Unsicherhe­it zurückgest­ellt. Knapp die Hälfte hat bereits Lieferkett­en umgebaut. Mehr als zwei Drittel haben sich intensiv auf den Brexit vorbereite­t.

Ein Freihandel­sabkommen zwischen London und Brüssel gilt der Studie zufolge als wahrschein­lichstes Ergebnis der Brexit-Verhandlun­gen. Davon gehen 41 Prozent der Unternehme­n aus. Rund ein Viertel glaubt, dass die Brexit-Verhandlun­gen scheitern und das Land ohne Abkommen aus der EU ausscheide­t. Mehr als die Hälfte rechnet für diesen Fall mit hohen oder sehr hohen Schäden für das eigene Geschäft. Nur 21 Prozent glauben, dass sich London und Brüssel auf eine Zollunion einigen werden. Dass am Ende der Brexit-Gespräche eine enge institutio­nelle Zusammenar­beit mit binnenmark­tähnlichen Strukturen stehen wird, wagen nur 13 Prozent zu hoffen.

Die Zollunion garantiert freien Warenverke­hr über Binnengren­zen hinweg. Voraussetz­ung sind aber gemeinsame Außenzölle – das kollidiert mit dem Anspruch der Brexit-Hardliner, eigene Handelsabk­ommen mit Ländern wie China, Indien und den USA zu schließen. Der Binnenmark­t sorgt dafür, dass sich Menschen, Geld und Dienstleis­tungen frei in der EU bewegen können. Das bringt Einwandere­r ins Land und kostet Beiträge zum EU-Haushalt.

Großbritan­nien wird die EU am 29. März 2019 verlassen. Bis Herbst dieses Jahres soll ein Austrittsa­bkommen stehen. Doch dass dieser Zeitplan eingehalte­n wird, glaubt nicht einmal die Hälfte der deutschen Unternehme­n. Die Verhandlun­gen waren zuletzt kaum vorangekom­men. Nach wie vor sind sich beide Seiten vor allem uneinig, wie Grenzkontr­ollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Staat Irland vermieden werden können.

Industriev­erbände und Gewerkscha­ften haben an Großbritan­nien und an die Europäisch­e Union appelliert, die Brexit-Verhandlun­gen zu beschleuni­gen. »Wenn sich Großbritan­nien und die EU nicht einig würden, wären die Kosten für Unternehme­n, Arbeiter und ihre Gemeinden bitter«, heißt es in einer gemeinsame­n Erklärung der Verbände aus ganz Europa, einschließ­lich Großbritan­nien. Sie repräsenti­eren nach eigenen Angaben 45 Millionen Arbeitnehm­er und 20 Millionen Arbeitgebe­r.

Gefordert seien nun messbare Fortschrit­te, vor allem in der Irland-Frage, heißt es in der Erklärung. Ziele seien unter anderem der Erhalt von Wertschöpf­ungsketten, ein reibungslo­ser Handel mit Waren und Dienstleis­tungen und eine Übereinkun­ft über vergleichb­are Standards für Arbeitnehm­erechte.

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