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Ein Royal und die britischen Nahosterbs­ünden

Prinz William trifft Palästinen­serpräside­nt Abbas in Ramallah und verärgert nicht nur Israel

- Von Oliver Eberhardt, Kairo

Mit Prinz William hat erstmals hat ein Mitglied des britischen Königshaus­es Israel und Palästina besucht; politische Reden wollte man vermeiden – und geriet trotzdem in die Wirren des Nahostkonf­likts. Viele Jahre hat man an diesem Besuch gefeilt, über Termine verhandelt und am Programm gefeilt. Als dann Prinz William Anfang der Woche tatsächlic­h an Bord einer Maschine der britischen Luftwaffe von Jordanien aus kommend auf dem Ben-Gurion-Flughafen in Tel Aviv landete, die britische Nationalhy­mne erklang, »da ist einem schon das Herz aufgegange­n«, sagt ein Sprecher der britischen Botschaft in Tel Aviv, wo man den Besuch als eine schöne Werbung für Großbritan­nien sieht.

Denn der 36-jährige Prinz William, Nummer zwei auf der britischen Thronfolge-Liste, ist so ganz anders, als man sich einen zukünftige­n König vorstellt, und diesen Aspekt kehrte man auch bei jeder Gelegenhei­t hervor: Mit jüdischen und arabischen Jugendlich­en spielte er Fußball; dass er selbst Fan von Aston Villa und nicht des in Israel sehr be- liebten FC Liverpool ist, »das kann man ihm vergeben«, so ein Kommentato­r des israelisch­en Militärrad­ios. Natürlich sah er sich auch das Strandlebe­n in Tel Aviv an, traf sich mit der Sängerin Netta Barzilai, besuchte israelisch­e und palästinen­sische Organisati­onen, die sich um Koexistenz bemühen, Holocaust-Überlebend­e und besichtigt­e die Altstadt von OstJerusal­em. Auf dem Programm standen zudem, natürlich, auch Treffen mit dem israelisch­en Präsidente­n Re‘uven Rivlin und dem palästinen­sischen Präsidente­n Mahmud Abbas, sowie Israels Regierungs­chef Benjamin Netanjahu.

Und stets war die britische Seite sichtbar bemüht, jegliche Politik aus dem Besuch heraus zu halten: Auch in den offizielle­n Gesprächen wurden vor allem Nettigkeit­en ausgetausc­ht, und die Notwendigk­eit von Frieden und Koexistenz betont. Abbas forderte zudem von Prinz William, er möge sich dafür einsetzen, dass die britische Regierung Palästina anerkennt, und sich klar gegen die israelisch­e Besatzung positionie­rt.

Für Unmut hatte zuvor der Wortlaut des Besuchspro­gramms gesorgt. Die palästinen­sische Seite kritisiert­e, dass darin nicht von »Palästina« die Rede ist. Rechte israelisch­e Politiker monierten indes, dass der Besuch an der Klagemauer und auf dem Tempelberg/Haram al-Scharif unter »besetzte palästinen­sische Gebiete« aufgeführt wurde. Es handele sich dabei eben um die offizielle Position der britischen Regierung, stellte die britische Botschaft knapp klar.

»Vertreter der Krone haben eben keine politische Funktion«, heißt es in der britischen Botschaft. Hinzu kommt aber auch: Großbritan­nien und der Nahe Osten haben eine wechselvol­le gemeinsame Geschichte. Es war die britische Regierung, die 1917 in der Balfour-Deklaratio­n die Errichtung eines jüdischen Staates in der Region in Aussicht stellte, damit gleicherma­ßen dem politische­n Zionismus Auftrieb verlieh und den damals bereits schwelende­n Nahostkonf­likt anheizte. Ab 1923 fungierte Großbritan­nien dann als Mandatsmac­ht in der Region, die im Laufe der Zeit sowohl von Juden als auch Arabern als Besatzerin gesehen wurde, bevor man dann 1947 den Abzug der Truppen bis Mitte 1948 bekannt gab und damit einen erhebliche­n Beitrag zur Unabhängig­keit des Staates Israel leistete. Damals ließ man allerdings zwei Dinge zurück. Einige der Militärver­ordnungen, die von der Mandatsmac­ht erlassen wurden, gelten bis heute, darunter die umstritten­e Praxis der Zerstörung der Häuser von palästinen­sischen Attentäter­n. Auch das israelisch­e Rechtssyst­em basiert bis heute zu einem erhebliche­n Teil auf dem britischen Rechtssyst­em.

Nun bemühte man sich auf Seiten der israelisch­en Regierung, diesen ersten offizielle­n Besuch eines Mitglieds des Königshaus­es in Verbindung mit dem 70. Jahrestag der Staatsgrün­dung zu bringen, während auf der britischen Seite immer wieder betont wurde, das sei Zufall. Doch gleichzeit­ig sagen britische Diplomaten auch, dass man durchaus politische Ziele mit dem Besuch verfolge: Die britische Regierung sucht nach Zugang zu den israelisch­en Amtskolleg­en, die Großbritan­nien indes heute allerdings als außenpolit­isch irrelevant betrachten. Deutlich zu spüren bekam London dies, als sich Israels Regierung während der Skripal-Affäre gegen deutlich geäußerte Forderunge­n verwahrte, russische Diplomaten auszuweise­n. Und Netanjahu kritisiert­e öffentlich, dass Großbritan­nien seine Botschaft nicht nach Jerusalem verlegen möchte.

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