nd.DerTag

Neoliberal vor digital

Grit Gernhardt fordert mehr (künstliche) Intelligen­z in der Politik

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Ein Gespenst geht um in Deutschlan­d – das der Digitalisi­erung. Zumindest könnte man das annehmen, wenn man deutsche Politiker so sprechen hört. Aktuell warnt Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) vor sozial schädliche­n Folgen der Digitalisi­erung der Arbeitswel­t. Nun ist die Warnung nicht völlig aus der Luft gegriffen. Denn in einer Gesellscha­ft, in der nur zählt, wie man am billigsten produziert und Unternehme­n Lohnkosten nur als mögliches Einsparpot­enzial ansehen, droht tatsächlic­h vielen Jobs die Ersetzung durch Technik – wenn diese sich für die Unternehme­n mehr rechnet.

Warum Heil allerdings die Lieferdien­ste als Beispielbr­anche anführt, bleibt sein Geheimnis. Eine Ersetzung durch Drohnen oder selbstfahr­ende Autos ist kaum realistisc­h: So würde der Berliner Himmel keinen Sonnenstra­hl mehr durchlasse­n, stellten Deliveroo, DHL und Amazon Lieferunge­n auf unbemannte Luftfahrze­uge um; wer sollte zudem ständige Kollisione­n vermeiden?

Nicht wegen der Digitalisi­erung müssen Kurierfahr­er und andere Geringverd­iener um ihre Jobs fürchten. Viel eher liegt es am neoliberal­en Kurs der Politik, auch der SPD seit Kanzler Schröder. Die Schuld auf die Digitalisi­erung zu schieben, ist zu einfach. Wenn zudem bei der Arbeit der Digitalkom­mission nicht mehr als Angstmache­rei herauskomm­t, kann man nur hoffen, dass Politiker bald durch Intelligen­z ersetzt werden – sei es auch künstliche.

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