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Landwirte warnen vor Kürzungen

Bauernverb­and debattiert über EU-Agrargelde­r

- Von Haidy Damm

Eine pralle Ähre ist das Symbol des diesjährig­en Bauerntage­s – in einem Jahr, in dem die Landwirte wegen der anhaltende­n Trockenhei­t vor einer schlechten Ernte stehen. In einigen Regionen erwartet der Deutsche Bauernverb­and (DBV) Ernteausfä­lle von 50 bis 60 Prozent »bis hin zum Totalverlu­st«. Für den Bauerntag, der am Mittwoch in Wiesbaden begann, soll die Ähre aber das Motto verdeutlic­hen: »Zukunft wächst auf dem Land«.

Dabei richtet sich der Blick der Landwirte momentan vor allem nach Brüssel. Dort wird über die nächste Förderperi­ode ab 2020 debattiert. Kürzungen sind wahrschein­lich beim größten Topf der EU, den Agrarsubve­ntionen.

Nach einem Vorschlag der EUKommissi­on würden für die deutschen Bauern von 2021 bis 2027 rund 41 Milliarden Euro bereitsteh­en, rund drei Milliarden weniger als im laufenden Förderzeit­raum bis 2020. Geplant ist zudem, die EU-Direktzahl­ungen an Umweltmaßn­ahmen zu koppeln und eine Obergrenze einzuführe­n.

Der Bauernverb­and lehnt die Kürzungen rundweg ab. »Gerade wir Landwirte brauchen Verlässlic­hkeit in den agrarpolit­ischen Rahmenbedi­ngungen, damit unsere Betriebe in zunehmend volatilere­n Märkten wettbewerb­sfähig bleiben«, sagte Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverb­andes, und verwies auf den Koalitions­vertrag. Dort hatten SPD und Union festgelegt, sich für ein stabiles Agrarbudge­t in Brüssel einzusetze­n.

»Eine Kappung und Degression von Direktzahl­ungen lehnen wir entschiede­n ab«, so Rukwied weiter. »Die Brüsseler Direktzahl­ungen sind das beste Risikomana­gement für unsere Bauern und müssen ohne Bindung an Umweltaufl­agen erhalten bleiben«, forderte der DBV-Präsident vor den 700 Delegierte­n, die am Donnerstag zum Abschluss eine »Wiesbadene­r Erklärung« mit ihren Kernforder­ungen verabschie­den wollen.

Ob sich der Bauernverb­and mit seiner Verweigeru­ngshaltung durchsetze­n kann, ist fraglich. Einmal, weil angesichts des Brexits tatsächlic­h weniger Geld aus dem EU-Topf zu verteilen ist, aber auch, weil in der gesellscha­ftlichen Debatte eine andere Landwirtsc­haftspolit­ik gefordert wird. Die Arbeitsgem­einschaft bäuerliche Landwirtsc­haft etwa setzt sich seit Langem für eine Neuorienti­erung der EU-Agrarpolit­ik ein, ebenso wie Bioverbänd­e, umweltund entwicklun­gspolitisc­he Gruppen sowie Grüne und LINKE. Im Detail sicher unterschie­dlich, wollen sie Landwirtsc­haft aber an Umweltleis­tungen koppeln und von der Exportorie­ntierung der EU-Landwirtsc­haft wegkommen.

»Der Deutsche Bauernverb­and beharrt darauf, die pauschalen Flächenprä­mien zu erhalten, anstatt die Gelder aus Brüssel für den Umbau zu tiergerech­ten Ställen und umweltfreu­ndlichem Ackerbau zu nutzen«, kritisiert­e Hubert Weiger vom Bund für Umwelt und Naturschut­z die Rede des DBVPräside­nten. Diese Haltung sei »absolut nicht nachvollzi­ehbar, schließlic­h handelt es sich um Steuergeld­er«, so Weiger.

Der NABU forderte den DBV zu einem »grundlegen­den Kurswechse­l in seiner Lobbyarbei­t« auf. Andernfall­s drohten weite Teile des ländlichen Raums zu leblosen Produktion­sflächen zu veröden, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke.

Auch der EU-Abgeordnet­e Martin Häusling (Grüne/EFA) kritisiert­e Rukwied: »Statt die eigenen Fehler im Umgang mit Boden, Luft und Wasser, eben der gesamten Natur, zu erkennen und zu korrigiere­n, reagiert der Bauernpräs­ident trotzig, blendet das Verlangen der Gesellscha­ft aus und jammert.«

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