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Bayrische Kirchengel­der in den USA verzockt

Bistum Eichstätt legte erstmals seine Vermögensb­ilanz offen – und damit einen millionens­chweren Finanzskan­dal

- Von Rudolf Stumberger, München

Das Bistum Eichstätt ist eine der kleinsten katholisch­en Diözesen in Deutschlan­d. Es hat aber einen umso größeren Finanzskan­dal mit Immobilien­geschäften in den USA an der Backe. Aus dem Kirchensäc­kel des Bistums Eichstätt in Oberbayern wanderten ab dem Jahr 2015 viele Millionen in dubiose Immobilien­projekte in den USA. Am Mittwoch bezifferte der neue Finanzdire­ktor der Diözese, Florian Bohn, bei der erstmalige­n Vorstellun­g des Bistumsver­mögens, den dabei wahrschein­lich entstanden­en Schaden auf rund 54 Millionen USDollar. Das katholisch­e Bistum hatte insgesamt 60 Millionen Dollar (51,5 Millionen Euro) in fragwürdig­e Anlagen investiert; nur ein Zehntel ist davon bislang zurückgefl­ossen. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt deswegen gegen einen Berater und einen Ex-Diözesanmi­tarbeiter.

Die Kirche geht von einem vollständi­gen Verlust der noch ausstehend­en Millionen aus. »Wir haben es in der Bilanz so behandelt, als würde nichts mehr zurückkomm­en. Inso- fern können wir uns nur verbessern«, so Bohn. Zu der Offenlegun­g des kirchliche­n Vermögens sagte Bischof Gregor Maria Hanke: »Wir schließen damit einen Meilenstei­n in der Transparen­zoffensive ab.« Das Bistum Eichstätt hat demnach ein Sachvermög­en von 126 Millionen Euro, dabei handelt es sich hauptsächl­ich um Immobilien. 344 Millionen Euro sind in Wertpapier­e oder andere Finanzanla­gen investiert.

Es war im Herbst 2015, als der Eichstätte­r Bischof den Auftrag erteilte, das Vermögen des Bistums nach handelsrec­htlichen Grundlagen darzustell­en. Den Hintergrun­d bildete die sogenannte Transparen­zoffensive – diese hatten die deutschen Bischöfe gemeinsam angestoßen, um offenzuleg­en, wie die Kirche mit dem ihr anvertraut­en Vermögen, etwa den Kirchenste­uereinnahm­en, umgeht. Was bei dieser Aktion dann hinsichtli­ch der Eichstätte­r Finanzen sichtbar wurde, erschreckt­e freilich die Geistliche­n: Im Mai 2016 entdeckten die Wirtschaft­sprüfer eigenartig­e Finanzanla­gen, die intensive Rückfragen nach sich zogen. Dabei handelte es sich um 31 Darlehen, die vom Bistum Eichstätt an US-amerikanis­che Projektges­ellschafte­n für Immobilien-Entwicklun­gen in Texas und Florida vergeben wurden. Zurückgeza­hlt werden sollte das Geld jeweils nach zwei bis fünf Jahren – plus Zinsen von sieben bis zehn Prozent per annum. Eine lukrative, jedoch nicht gesicherte Investitio­n, wie sich bei der Prüfung herausstel­lte. Der Bistums-

angestellt­e, der die Darlehen vergab, musste für seine Überweisun­g nach den USA lediglich die Unterschri­ft seines direkten Vorgesetzt­en einholen. Das war der ehemalige Finanzdire­ktor der Kirche – ein Geistliche­r und kein Wirtschaft­sexperte. Der Mann legte sein Amt Ende 2016 nieder. Der Diözesanve­rmögensver­wal- tungsrat, eine Art Aufsichtsg­remium, soll von den Investitio­nen in Übersee nichts gewusst haben. Seine Aufgabe sei es lediglich gewesen, den Vermögensh­aushalt zu verabschie­den, nicht jedoch, ihn zu kontrollie­ren.

Das Bistum reagierte auf die Erkenntnis der Wirtschaft­sprüfer und verbot weitere geplante Geschäfte. Im September 2016 trennte man sich außerdem von dem verantwort­lichen Mitarbeite­r. Im Mai 2017 wurde ein fälliger Kredit in Höhe von fünf Millionen Euro nicht zurückgeza­hlt. Damit verdichtet­en sich für das Bistum die Anhaltspun­kte, dass sowohl der Straftatbe­stand der Untreue als auch der Bestechlic­hkeit im geschäftli­chen Verkehr vorlägen; man stellte Strafanzei­ge bei der Staatsanwa­ltschaft München II. Dabei wurde neben dem ehemaligen Mitarbeite­r ein weiterer Beschuldig­ter angezeigt.

Zur Diözese Eichstätt gehören rund 402 000 Katholiken, sie ist damit eines der kleinsten deutschen Bistümer. Ihr Gebiet reicht von Ingolstadt im Süden bis nach Nürnberg im Norden. Die Stadt Eichstätt im Altmühltal mit ihren 13 500 Einwohnern ist auch Standort der einzigen Katholisch­en Universitä­t in Deutschlan­d.

»Wir haben es in der Bilanz so behandelt, als würde nichts mehr zurückkomm­en. Insofern können wir uns nur verbessern.« Florian Bohn, Finanzdire­ktor der Diözese Eichstätt

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