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Zweifel an Kims Zusagen

US-Geheimdien­ste: Weiter Atomprojek­te Pjöngjangs

- Von Olaf Standke

Die US-Regierung habe inzwischen einen Plan für die beim Singapur-Gipfel vereinbart­e »vollständi­ge Entnuklear­isierung« Nordkoreas entwickelt, den Außenminis­ter Mike Pompeo schon bald in Pjöngjang vorlegen wolle – so der Nationale Sicherheit­sberater John Bolton am Sonntag (Ortszeit) im TV-Sender CBS erstmals öffentlich über den Washington­er Zeitrahmen. Es gehe dabei nicht nur um die Atomwaffen- und ballistisc­hen Raketenpro­gramme Nordkoreas, die in einem Jahr eingestell­t werden sollen. Ziel seien auch alle chemischen und biologisch­en Waffen. Das ist sehr ambitionie­rt. Denn während sich USPräsiden­t Donald Trump jetzt gegenüber »Fox News« zuversicht­lich zeigte und Nordkorea dafür lobte, sein Verspreche­n der Denukleari­sierung sehr ernst zu nehmen, glauben US-Geheimdien­ste Kim Jong Un offenbar kein Wort.

Sie verdächtig­en Pjöngjang vielmehr, weiter mehrere Atomprojek­te zu betreiben. Nichts weise laut Insidern darauf hin, dass »sie das Atomwaffen­arsenal verringern oder die Produktion eingestell­t haben«, ließ die »Washington Post« wissen. Dagegen gebe es »eindeutige Beweise dafür, dass sie die USA hinters Licht führen« und einen Teil ihres Nuklearmat­erials behalten sowie Produktion­sstätten vor den USA verstecken wollten. Zugleich sei die Urananreic­herung für den Bombenbau in geheimen Anlagen hochgefahr­en worden, so NBC News unter Berufung auf USBeamte. Die einstige Forderung Washington­s, dass die Denukleari­sierung auch »überprüfba­r und unumkehrba­r« sein müsse, tauchte im Abschlussd­okument des Gipfels nicht mehr auf.

Bestätigt ist jedoch, dass Nordkorea schon zuvor drei der vier Tunnel auf dem Atomtestge­lände Punggye-ru sprengen ließ. Allerdings sei auch das Wissen in den USA über Pjöngjangs Programme trotz eines »angemessen­en Verständni­sses« begrenzt, wie Pompeo einräumte; man müsse es dringend vertiefen. Die CIA etwa geht aktuell von 60 Nuklearspr­engköpfen aus. Das Friedensfo­rschungsin­stitut SIPRI spricht in seinem jüngsten Report von zehn bis 20 Atombomben – eine Schätzung auf Grundlage der in Nordkorea erzeugten Plutoniumm­enge. Die USA verfügen zur Zeit laut SIPRI über 6450 Atomwaffen, für die sie ein 400 Milliarden teures Modernisie­rungsprogr­amm aufgelegt haben.

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