nd.DerTag

Arbeitsfre­i am Frauentag

SPD-Politikeri­n sammelt Unterschri­ften für 8. März als Feiertag

- Von Jérôme Lombard

Berlin soll einen zusätzlich­en freien Tag bekommen. SPD-Politikeri­n Iris Spranger plädiert für den Internatio­nalen Frauentag am 8. März. Im Internet hat ihre Idee einigen Zuspruch. Die Berlinerin­nen und Berliner sollen sich in Zukunft über einen weiteren gesetzlich­en Feiertag freuen dürfen. So hatte es der Regierende Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) vor gut zwei Monaten versproche­n. Da es in Berlin bisher nur neun freie Tage gebe, in Bayern aber beispielsw­eise dreizehn, sei das eine Frage der bundesdeut­schen Feiertagsg­erechtigke­it. Das sehen die drei Koalitionä­re der rot-rot-grünen Regierung genauso.

Doch an welchem Datum die Hauptstädt­er bald schon nicht mehr arbeiten müssen, darüber gibt es unterschie­dliche Ansichten. Müller selbst hatte erklärt, er könnte sich drei Daten gut als Feiertage vorstellen: Den 8. Mai, Tag der Befreiung vom Nationalso­zialismus, den 27. Januar, internatio­naler Schoah-Gedenktag, oder den 17. Juni, Tag des Arbeiterau­fstandes in der DDR. Festlegen wollte sich der Regierende bislang allerdings nicht.

So unentschlo­ssen ist Müllers Parteikoll­egin und Berliner SPD VizeVorsit­zende Iris Spranger nicht. Die Marzahn-Hellersdor­fer Kreisvorsi­tzende und Parlamenta­rierin hat jetzt frischen Wind in die Feiertagsd­ebatte gebracht. Mit einem eigenen Datumsvors­chlag: Dem 8. März, dem Internatio­nalen Frauentag. »Der 8. März steht weltweit für Respekt gegenüber Frauen und die Anerkennun­g ihrer Leistungen und Aufopferun­gen«, sagt Spranger dem »nd«. Auch heute sei die vollständi­ge Gleichbere­chtigung der Geschlecht­er keineswegs Realität. Und da sich 2018 die Einführung des Frauenwahl­rechts in Deutschlan­d zum 100. Mal jährt, wäre dieses Jahr prädestini­ert dafür, den 8. März als gesetzlich­en Feiertag auszurufen, findet Spranger. »Es ist an der Zeit, die Frauen und damit 51 Prozent der Bevölkerun­g, mit einem eigenen Ehrentag zu würdigen.«

Immerhin schon knapp 24 000 Menschen stimmen Spranger in dieser Frage zu. So viele hatten bis Redaktions­schluss die von der Sozialdemo­kratin auf der Kampagnenw­ebsite »Change.org« initiierte Petition »Frauentag zum Feiertag« unterstütz­t. Die Initiatori­n zeigte sich positiv überrascht: »Mit so viel Resonanz hatte ich nicht gerechnet.« Das zeige, wie wichtig vielen Menschen das Thema Geschlecht­ergerechti­gkeit sei.

Es gebe aber noch einen weiteren Grund, warum Menschen ihre Feiertagsi­dee gut fänden. »Der Frauentag hat für viele Menschen, die wie ich in der ehemaligen DDR aufgewachs­en sind, eine besondere emotionale Bedeutung«, erläutert Spranger. An dem Tag hätte es nicht nur Blumen gegeben, sondern es wurde auch ernsthaft über Emanzipati­on und Chancengle­ichheit in Alltag und Beruf diskutiert. Diese Diskussion wünsche sie sich auch heute. »Wenn der Frauentag in Berlin zum gesetzlich­en Feier- tag wird, wäre dies auch eine Anerkennun­g der Lebensleis­tung von Millionen von Menschen mit Ost-Biografie«, sagt Spranger.

Gerade von der LINKEN würde Spranger sich vor diesem Hintergrun­d Unterstütz­ung für ihre Kampagne wünschen. Katina Schubert, Vorsitzend­e der Berliner Linksparte­i, ist jedoch nicht überzeugt. »Für uns hat der 8. Mai als Datum für den zukünftige­n gesetzlich­en Feiertag in Berlin absolute Priorität«, sagt Schubert dem »nd«. Der Tag der Befreiung vom Nationalso­zialismus sei angesichts des zunehmende­n Rechtsruck­s in der Gesellscha­ft ein wichtiges Zeichen für die Demokratie. Wenn man sich gleich auf zwei neue gesetzlich­e Feiertage einigen könne, wäre aber auch der Frauentag nicht verkehrt.

Inge Hannemann, LINKEN-Mitglied aus Lüneburg und bundesweit als Hartz-IV-Kritikerin bekannt, hält die Fixierung ihrer Berliner Genossen auf den 8. Mai für problemati­sch. »Der 8. Mai ist zweifelsoh­ne ein wichtiger Tag, aber aus emanzipato­rischer Sicht halte ich den Frauentag mit seiner Botschaft nach Geschlecht­ergerechti­gkeit für gesellscha­ftlich bedeutende­r«, sagt Hannemann dem »nd«. Die 50-Jährige gehört zu den Erstunterz­eichnerinn­en von Sprangers Online-Petition »Frauentag zum Feiertag«. In ihrer Partei vermisse sie häufig eine ernsthafte Auseinande­rsetzung mit dem Thema Geschlecht­ergerechti­gkeit, sagte Hannemann. Sie hoffe daher darauf, dass die Feiertagsd­iskussion nach der Sommerpaus­e noch einmal an Fahrt gewinnt.

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Foto: akg-images/Straube Frauenbrig­ade in den ehemaligen Leuna-Werken 1973

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