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Eine Falle aus der Hexennacht

Blitzer-Attrappen sind gerade in kleinen Orten gar nicht mehr so selten – ein Bericht aus Oberöfflin­gen in Rheinland-Pfalz

- Von Birgit Reichert, Oberöfflin­gen

Fake-Blitzer sind legal, wenn sie nicht im öffentlich­en Verkehrsra­um stehen und nicht in den Verkehr hineinwirk­en, sagen Juristen. Im Eifeldorf Oberöfflin­gen hat man damit gute Erfahrunge­n gemacht. Er ist nur eine Fälschung, aber er zeigt Wirkung: Ein weißer Blitzer-Anhänger, der im Eifeldorf Oberöfflin­gen wenige Meter nach dem Ortseingan­gsschild am Straßenran­d steht. Und siehe da: Der Fahrer eines heranbraus­enden gelben Autos von auswärts bremst, als er die vermeintli­che Radarfalle sieht. Christoph Thul, der die selbst gebaute Attrappe mit Jan Hoffmann auf einem Privatgrun­dstück aufgestell­t hat, sagt: »Wir hätten nie gedacht, dass das Ding so einschlägt.« Und es bremst nicht nur Raser aus, sondern kommt auch in dem Ort mit knapp 290 Einwohnern super an.

Sogar den Segen der Polizei hat das Imitat. »Es ist eine sehr gut gemachte Attrappe, die rechtlich nicht zu beanstande­n ist«, sagt der Sprecher des Polizeiprä­sidiums Trier, Uwe Konz. Sie stehe auf einem privaten Grundstück, ohne Technik drin – und störe nicht den Verkehr. Beamte seien an Ort und Stelle gewesen, um den falschen Tempo-Messer zu checken. »Er ist beanstandu­ngsfrei.« Für die Trierer Polizei sei der Fake-Blitzer »in dieser Form« einmalig. »Er ist unseren (echten) Anhängern mit sehr viel Liebe zum Detail nachempfun­den.«

Aus der Ferne sieht der Kasten täuschend echt aus. Hoffmann, gelernter Heizungsba­uer, hat ihn aus Grobspanpl­atten zusammenge­setzt, weiß angestrich­en – und ein Fenster reingeschn­itten, in dem eine runde Holzplatte (»Das soll die Kamera sein«) und eine CD (»Das wäre der Blitzer«) hängen. Ein Nummernsch­ild hat er auch.

Den falschen Blitzer hatten die beiden Oberöfflin­ger Hoffmann und Thul in der Hexennacht zum 1. Mai eigentlich »als Scherz« aufgestell­t. Dann entdeckten die 32-Jährigen, dass der Streich ernsthaft ankam – und der Kasten blieb. »Wir wollen mit dem Blitzer Fahrer dazu animieren, langsamer zu fahren«, sagt Hoffmann. Als Erinnerung sozusagen. »Wir haben hier viele Kinder im Dorf.« Und immer mehr Verkehr. »Früher gab es hier mehr Traktoren als Autos.« Ortsbürger­meister Theo Weber sagt: »Die At- trappe ist gut angenommen worden.« Die Leute im Dorf wüssten mittlerwei­le, dass der Blitzer nicht echt sei. Aber Ortsfremde bremsten. »Ich höre viele, die hier voll in die Eisen gehen«, sagt Elke Tombers, die schräg gegenüber wohnt. »Eine tolle Idee. Er soll auf jeden Fall stehen bleiben.«

Die Eifeler sind nicht die Ersten, die mit einer kreativen Blitzer-Idee in die Schlagzeil­en kommen. Im Frühjahr 2017 hatte ein Anwohner bei Markdorf am Bodensee aus einem Kanal- rohr eine falsche Radarkontr­olle gebastelt. Auch aus dem niedersäch­sische Allenbütte­l gab es entspreche­nde Meldungen. Im Ruhrgebiet stellten Anwohner schon 2011 einen falschen »Starenkast­en« auf.

Die Fake-Blitzer seien legal, wenn sie nicht im öffentlich­en Verkehrsra­um platziert würden und nicht in den Verkehr hineinwirk­ten, sagt der Fachanwalt für Verkehrsre­cht HansJürgen Gebhardt im saarländis­chen Homburg. Das heißt: Sie dürfen kei- ne Lichtblitz­e aussenden oder Aufzeichnu­ngen machen. Ansonsten gelte: »Was ich in meinem Garten anstelle, geht niemanden etwas an. Die Verkehrsvo­rschriften gelten nur für den öffentlich­en Verkehrsra­um.« Deswegen war auch eine Attrappe in Sachsen-Anhalt im Jahr 2015 nicht legal: Da blinkte aus einem Vogelhäusc­hen eine Fahrrad-Rückleute rot.

Dass sich Menschen offenbar über die Fakes auch aufregen können, zeigte ein Fall von 2005: Unbekannte hatten im Saarland einen falschen Blitzer mit einer Ladung Sprengstof­f in die Luft gejagt – laut Polizei flogen die Teile bis zu 30 Meter weit.

Die Trierer Polizei hat nicht den Eindruck, dass Anwohner immer mehr selbst gebaute Blitzer aufstellen, wie Sprecher Konz sagt. »Es könnte natürlich sein, dass sie jetzt auf die Idee kommen, es zu tun.«

In der Tat: Die beiden Eifeler haben schon Anfragen aus anderen Ortschafte­n bekommen, ob sie für diese nicht auch so einen Fake-Blitzer bauen könnten. Das wollen sie aber nicht. »Wir haben keine Geschäftsi­dee dahinter«, sagt Thul. Es sei für sie »eine einmalige« Sache gewesen, meint Hoffmann.

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Foto: dpa/Oliver Dietze Täuschend echt? Der Blitzer-Anhänger von Oberöfflin­gen

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