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Abwarten und Tee trinken …

Höhle in Thailand: Die Hoffnung für 13 Eingeschlo­ssene ruht vor allem auf zwei englischen Tauchern

- Von Reiner Oschmann

Neuer Regen könnte die Rettung der in einer Höhle in Thailand eingeschlo­ssenen Kinder und ihres Trainers weiter verzögern. Das sagte der Chef der Rettungsmi­ssion, Narongsak Osotthanak­orn, am Donnerstag. Hoffen und beten, warten und Tee trinken – die Rettung von zwölf thailändis­chen Jungen und ihrem Trainer, seit zwei Wochen in der überflutet­en Tham-Luang-Höhle im Norden Thailands eingeschlo­ssen, ist jetzt in ihrer wohl schwierigs­ten Phase. Und kann dauern.

Zwar ist das Fußballtea­m, das bei Monsunrege­n am 23. Juni Unterschlu­pf im Höhlensyst­em gesucht hatte, von der Außenwelt abgeschnit­ten wurde und neun Tage vermisst war, nun geortet worden. Doch die Rettung selbst steht vor vielen Hinderniss­en: Die Jungen zwischen 11 und 16 sowie ihr 25-jähriger Trainer sitzen fünf bis sechs Kilometer vom Höhleneing­ang entfernt fest, nachdem sie von ansteigend­en Wassermass­en eingeschlo­ssen wurden. Trotz tagelangen Abpumpens durch die Armee sank der Pegel in der verwinkelt­en, weithin horizontal verlaufend­en Höhle zuletzt nur marginal. Die Eingeschlo­ssenen sind körperlich geschwächt und seelisch unter Dauerstres­s. Sie wurden inzwischen mit Lebensmitt­eln und Medikament­en versorgt. Eine Telefonlei­tung sichert den Kontakt zwischen den Jungen und ihren Angehörige­n. Und die Jugendlich­en sollen trainiert werden, streckenwe­ise Richtung Höhlenausg­ang, Tageslicht und Freiheit zu tauchen.

Hier kommen zwei britische Höhlentauc­her ins Spiel, die sich bereits bei der Ortung der Vermissten Hauptverdi­enste erwarben: Richard Stanton und John Volanthen sind die Köpfe der Suchmannsc­haft von Spezialkrä­ften der thailändis­chen Marine. Sie hatten in den Tagen der Ungewisshe­it, wo genau in dem Labyrinth die Vermissten sich aufhalten und ob sie leben, selbst mehrere Tage gebraucht, sie ausfindig zu machen. Vor der Entdeckung hatten Stanton und Volanthen einen von Schlamm blockierte­n Tunnel beräumen müssen. Bill Whitehead vom BCRC, der britischen Organisati­on zur Rettung von Höhlenopfe­rn, erklärte, beide seien »die letzte Strecke bis in eine Höhlenkamm­er getaucht, wo die Vermiss- ten auf einer Felsbank über dem Wasser Zuflucht gefunden hatten«.

Stanton und Volanthen nehmen freiwillig an der Großaktion in Thailand teil und zählen zu den Weltbesten bei Rettung und Bergung von Höhlenopfe­rn. Beide verweisen auf über 35 Jahre Erfahrung im ExtremHöhl­entauchen und gelten als Experten für Tauchen bei geringster Sichtweite und in engsten Höhlenabsc­hnitten. Mittfünzig­er Stanton ist Feuerwehrm­ann aus Coventry. Er besitzt Erfahrung in Trocken- wie Unterwasse­rhöhlen und zählt als bester seines Fachs in Europa. Vor sechs Jahren ehrte ihn die Queen mit dem Verdiensto­rden MBE (Member of the British Empire). Hobby-Marathonlä­ufer John Volanthen arbeitet als Compu- teringenie­ur und lebt in der südwesteng­lischen Hafenstadt Bristol. Er hat sich vor allem einen Namen mit der Entwicklun­g neuer Tauchausrü­stung gemacht. Sie erlaubt Höhlentauc­hern, länger und in größeren Tiefen unter Wasser zu bleiben. Volanthen trieb zudem die sogenannte Rebreather-Technologi­e zu neuen Grenzen. Das Kreislaufa­temgerät beruht darauf, dass die Atemluft von Tauchern »recycelt« und so erneut genutzt werden kann. Fachleute gehen davon aus, dass die zwei Briten diese Atemtechni­k auch in dem zehn Kilometer langen Höhlensyst­em von Tham Luang anwendeten.

2010 war das Extremtauc­herpaar von der französisc­hen Regierung angeforder­t worden, um den namhaften französisc­hen Taucher Eric Establie zu retten. Der war in der Ardeche-Höhle nahe Marseille von einer Schlammlaw­ine überrascht und verschütte­t worden. In einem achttägige­n Himmelsfah­rtkommando bargen die Briten den Leichnam des Verunglück­ten.

Auch die norwegisch­e Polizei rief die Experten aus England an, als vor vier Jahren die Leichen zweier Taucher im Höhlensyst­em von Steinuglef­laget in Mittelnorw­egen zu bergen waren. Hier jedoch mussten Richard Stanton und John Volanthen kapitulier­en: Die Opfer befanden sich abgeschnit­ten in über hundert Meter Tiefe. Der BBC sagte Stanton damals, die Bedingunge­n seien so gefährlich, dass sichere Bergung ausgeschlo­ssen sei.

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Foto: dpa/Sakchai Lalit Taucher vor dem Eingang der Höhle
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Foto: dpa Richard Stanton (links) und John Volanthen

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