Merkel: Ausrüstung, nicht Aufrüstung
Kanzlerin rechtfertigt Rüstungsetat
Berlin. Kurz vor dem NATO-Gipfel Mitte der Woche in Brüssel hat Bundeskanzlerin Angela Merkel den Anstieg der deutschen Verteidigungsausgaben verteidigt. Es gehe um »Ausrüstung und nicht etwa um Aufrüstung«, sagte Merkel am Samstag in ihrer wöchentlichen Videobotschaft. Es sei nötig, sich auf »neue Herausforderungen« vorzubereiten. »Und wie überall gibt es natürlich einen sehr starken technologischen Wandel«, fügte Merkel hinzu. »Gleichzeitig erhöhen wir aber auch die Ausgaben für Entwicklungshilfe.« Das Bundeskabinett hatte am Freitag den Haushaltsentwurf für 2019 beschlossen. 42,9 Milliarden Euro sind für den Rüstungsetat vorgesehen – rund vier Milliarden Euro mehr als 2018. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg forderte Deutschland auf, die Ausgaben weiter zu steigern. »1,5 Prozent sind nicht zwei Prozent«, sagte Stoltenberg der »Bild am Sonntag«.
Der Kanzlerin steht Übles bevor. Sie muss sich beim NATO-Gipfel abermals von Trump & Co. aufs Butterbrot schmieren lassen, dass Deutschland zu wenig fürs Militär ausgibt. Dahinter steht zunächst einmal eine simple Rechenaufgabe. Im NATO-Beschluss von Wales steht – Merkel hat das in ihrer wöchentlichen Videobotschaft gerade noch einmal bestätigt –, dass jedes Allianzmitglied bis 2024 zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) für die militärische Aufrüstung ausgeben soll. Damit läge Deutschland bei über 80 Milliarden Euro und einer Verdopplung des aktuellen Standes. Tatsache aber ist, Deutschland wird bis 2024 »nur« 1,5 Prozent erreichen. Wenn überhaupt, denn wächst das BIP, sinkt der Anteil der geplanten Militärausgaben. Wie kommt Schwarz-rot aus dieser Klemme?
Mit Vernunft. Merkel müsste das Zwei-Prozent-Ziel infrage stellen und für einen Kurswechsel werben: Weniger Aus- und Aufrüstung, mehr VorOrt-Hilfe. Falls es ihr – wider Erwarten – an Argumenten mangelt, der für Entwicklungshilfe zuständige Minister Müller (CSU) könnte sie beisteuern. Er betont, mit jedem in einer Sorgenregion investierten Euro erzielt man die hundertfache Wirkung im Vergleich zu hiesiger Flüchtlingshilfe. Man kann verstehen, dass Müller nicht versteht, wieso der Finanzminister (SPD) seinen Etat ab 2020 um eine Milliarde Euro pro Jahr kürzen will.