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Millionen für Alltagswar­en

Venezuela schiebt die Währungsre­form hinaus

- Akn

Aufschub trotz Dringlichk­eit: Venezuelas Regierung hat die eigentlich für den 4. Juni geplante Währungsun­ion auf unbestimmt­e Zeit verschoben. Der derzeit zirkuliere­nde Bolívar Fuerte (Starke Bolívar) sollte durch den Bolívar Soberano (Souveränen Bolívar) ersetzt werden. Ganz konkret sollten drei Nullen gestrichen werden. Als ließe sich das Inflations­problem so einfach lösen.

Nach einem Treffen mit Venezuelas Bankenvere­inigung (Asociación Bancaria de Venezuela) entschied der am 20. Mai wiedergewä­hlte Präsident, Nicolás Maduro, die Währungsum­stellung mindestens 60 Tage aufzuschie­ben. ABV-Präsident, Arístides Maza, hatte ihn gebeten, das Inkrafttre­ten der Reform »für mindestens 90 Tage« zu verschiebe­n, und beide Währungen parallel zirkuliere­n zu lassen.

Laut Maza war der Aufschub notwendig, damit die Banken ihre Operatione­n an die neue Währung anpassen können, sprich die Software und Lesegeräte umstellen können. Da in der Hauptstadt Caracas Bargeld praktisch verschwund­en ist und mittlerwei­le fast ausschließ­lich mit Karte bezahlt werden muss, hätte ein durch die Umstellung bedingter »Systemausf­all« – auch »nur« für einen Tag – fatale Folgen.

Die Venezolane­r werden also zunächst weiterhin Millionenb­eträge für Waren des täglichen Bedarfs hinblätter­n. Viele Restaurant­s weisen in Vorgriff auf die Währungsum­stellung bereits beide Preise aus.

Die Regierung Maduro hebt den Mindestloh­n immer wieder an – allein in diesem Jahr bereits drei Mal. Die Hyperinfla­tion aber frisst jede Erhöhung im Handumdreh­en wieder auf. Seit den Wahlen hat der Wert des Bolívar weiter zum Sturzflug angesetzt. Der offizielle Dollarkurs lag Anfang Juli bei 115 000 Bolívares; auf dem Schwarzmar­kt wurden dagegen mehr als 3,4 Millionen Bolívares für einen Greenback fällig. Viele Experten erwarten eine mindestens fünfstelli­ge Inflations­rate für dieses Jahr.

Trotz mangelnder Klarheit bieten offizielle Quellen einen klaren Hinweis darauf, dass die Inflation ungebremst zunimmt. Laut der Venezolani­scher Zentralban­k entsprach der Wert der im Umlauf befindlich­en Münzen und Banknoten im April dieses Jahres fast 19 Milliarden Bolívar. Im selben Vorjahresm­onat waren es 1,4 Milliarden, und ein Jahr zuvor, im April 2016, nur eine halbe Milliarde. Die venezolani­sche Notenpress­e arbeitet weiter in hektischem Tempo.

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