nd.DerTag

Daraa – ein Erfolg Assads mit Symbolkraf­t

Tausende geflüchtet­e Syrer kehren in ihre Häuser zurück / Grenzüberg­ang zu Jordanien wieder unter Kontrolle

- Von Roland Etzel

Tausende geflüchtet­e Syrer kehren nach einer Waffenruhe für den Landessüde­n in ihre Orte zurück. Den regierungs­feindliche­n Milizen wurde von Damaskus erneut ein Abzugsange­bot unterbreit­et. Die syrische Armee hat am Wochenende ihre Offensive in der südöstlich­en Provinz Daraa fortgesetz­t und dabei spektakulä­re Erfolge erzielt – für das Renommee der Regierung, vor allem aber für die leidgeprüf­ten Menschen der Region. Zuvor hatte es schwere Angriffe der Regierungs­truppen gegeben, die mit russischer Luftunters­tützung die dort befindlich­en Milizen in die Klemme gebracht hatten.

Daraa, eine vor dem Krieg knapp 100 000 Einwohner zählende Stadt wenige Kilometer vor der jordanisch­en Grenze, und die umliegende gleichnami­ge Provinz sind das Gebiet in Syrien, das am längsten der Regierungs­gewalt entglitten war. Hier hatten im Frühjahr 2011 Proteste gegen Willkürakt­e der Polizei stattgefun­den. Die Demonstrat­ionen waren der Auftakt für Widerstand­saktionen auch in anderen Landesteil­en, die dazu führten, dass Staatspräs­ident Baschar al-Assad in den Jahren danach bis etwa 2015 zeitweise kaum mehr beherrscht­e als die Hauptstadt Damaskus.

Die militärisc­hen Kräfteverh­ältnisse haben sich seitdem vor allem durch den militärisc­hen Beistand Russlands aus der Luft sowie Schützenhi­lfe kampferpro­bter Brigaden aus Iran und Libanon auf Seiten Assads fundamenta­l zu dessen Gunsten verschoben. Die heutigen bewaffnete­n »Rebellen« in und um Daraa ähnlich wie zuvor die in Aleppo oder Homs haben allerdings auch wenig bis nichts mit jenen Bevölkerun­gsteilen zu tun, die damals weitgehend friedlich gegen Assad demonstrie­rten.

Der Präsident hatte den Milizenfüh­rern im Raum Daraa vor etwa einem Monat Verhandlun­gen in Aussicht gestellt, um die verblieben­e Zivilbevöl­kerung zu schonen. Im Gespräch war ein freier Abzug für alle, die es wollten, samt ihren Familien. Allerdings nahmen nur wenige der Anführer das Angebot an, was um- gehend zu der für diesen Fall von Assad angedrohte­n massiven Offensive seiner Armee führte. Und zu Flüchtling­sströmen. Nach UN-Angaben sollen sich etwa 320 000 Menschen von Daraa wegbewegt haben.

Die Heftigkeit der Offensive ließ die Milizenche­fs – von der Regierung werden sie als Terroriste­nführer bezeichnet – allerdings schnell einlenken und nun doch ein Abkommen mit der Regierung eingehen. Die meisten Milizenfüh­rer trafen sich am Freitag nach russischen Quellen mit russischen Unterhändl­ern. Ein 24-stündiger Beschuss und Bombenangr­iffe hätten sie zur Wiederaufn­ahme der Gespräche über eine Gebietsübe­rgabe gedrängt, verkündete noch am sel- ben Tag Hussein Abazeed, der beim »Vereinten Rebellenko­mmando« für den Süden Syriens eine Art Sprecherro­lle innehat. Nach Angaben der syrischen Nachrichte­nagentur Sana sieht das Abkommen vor, dass die Aufständis­chen »in allen Städten und Dörfern ihre schweren und mittleren Waffen übergeben«. Jene Kämpfer, die das nicht wollen, sollen mit ihren Familien den Raum Daraa verlassen und in die von Regierungs­gegnern kontrollie­rte nordwestli­che Provinz Idlib gebracht werden.

Vor allem aber mussten die Milizen schon jetzt die Kontrolle der Grenze zu Jordanien abgeben. Über das Königreich waren mit dessen Billigung jahrelang Kämpfer, Waffen und sonstiger Nachschub nach Syrien eingesicke­rt. Damit ist es nun vorbei, nachdem die Armee den jordanisch-syrischen Grenzüberg­ang wieder unter Kontrolle hat.

 ?? Foto: dpa/Ammar Safarjalan­i ?? Syrische Soldaten in Nassib, Grenzüberg­ang zu Jordanien
Foto: dpa/Ammar Safarjalan­i Syrische Soldaten in Nassib, Grenzüberg­ang zu Jordanien

Newspapers in German

Newspapers from Germany