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Meiler mit gravierend­en Mängeln

Parlamenta­rischer Untersuchu­ngsbericht zu französisc­hen Atomkraftw­erken kritisiert mangelnden Informatio­nswillen

- Von Ralf Klingsieck, Paris

Sie sollten untersuche­n, wie es um die Sicherheit der Atomkraftw­erke steht. Neben massiven technische­n Mängeln kritisiere­n Abgeordnet­e vor allem die fehlende Bereitscha­ft der EDF zur Zusammenar­beit.

Besorgnise­rregende Mängel hat ein am Donnerstag in Paris veröffentl­ichter parlamenta­rischer Bericht über die Sicherheit von Atomreakto­ren in Frankreich aufgedeckt. Die Untersuchu­ng war im vergangene­n Herbst eingeleite­t worden, nachdem Greenpeace durch spektakulä­re Aktionen deutlich gemacht hatte, wie einfach es ist, auf das Gelände von Atomkraftw­erken vorzudring­en. Damit könnten die AKW ein leichtes Ziel für Terroriste­n werden, so die Schlussfol­gerung. Diesen Vorwurf der massiven Bedrohung der Bevölkerun­g hat der Bericht nicht erhärtet.

Die parlamenta­rische Untersuchu­ngskommiss­ion unter Leitung der Abgeordnet­en Barbara Pompili von der regierungs­nahen Bewegung »La République en marche« kam zu dem Schluss, dass die Absicherun­g gegen Terroransc­hläge derzeit relativ hoch und deshalb von dieser Seite keine akute Bedrohung zu befürchten sei. Große Sorgen müsse man sich dagegen wegen der mangelhaft­en internen Organisati­on des Energiekon­zerns EDF machen, der sämtliche 58 Reaktoren des Landes betreibt. Der Untersuchu­ngsbericht zeigt, dass EDF 80 Prozent der Wartungs- und Reparatura­rbeiten an externe Subunterne­hmen vergibt, die oft ebenfalls Subunterne­hmen beauftrage­n.

»Das ist eine gefährlich­e Verwässeru­ng der Verantwort­ung«, heißt es im Bericht, der auch die »oft mangelhaft­e Qualität der ausgeführt­en Arbeiten« kritisiert, weil »systematis­ch die billigsten Anbieter ausge- wählt werden«. Bemängelt wird auch, dass »Fachwissen, das früher beim EDF-Personal zusammenge­kommen ist, durch die Delegierun­g der Arbeiten an immer neue Firmen verloren geht«.

Wie die Vorsitzend­e der Untersuchu­ngskommiss­ion berichtet, war es oft sehr schwierig, von EDF die angeforder­ten Informatio­nen zu bekommen. In zahlreiche­n Fällen wurden die Abgeordnet­en mit Hinweis auf die Terrorabwe­hr und die deshalb verfügte »Geheimhalt­ung im Interesse der staatliche­n Sicherheit« abgewiesen. Oft sei versucht worden, sie mit pauschalen Behauptung­en abzuspeise­n. »Nur zu oft mussten wir die EDFManager daran erinnern, dass sie unter Eid vor gewählten Vertretern des Volkes aussagen«, meinte Barbara Pompili. Um für die Zukunft den Rückzug auf »Geheimniss­chutz« zu verhindern, hat die Kommission vorgeschla­gen, das Parlament möge eine spezielle Arbeitsgru­ppe für Atomenergi­e einsetzen, deren Mitglieder speziell zur Einsicht in Geheimunte­rlagen berechtigt sind.

Zu den 33 Forderunge­n, in die der 197 Seiten starke Untersuchu­ngsbericht gipfelt, gehören die »Reintegrie­rung der Kompetenze­n« und die »Begrenzung der Auslagerun­g von Arbeiten«, damit »EDF den Betrieb der Kernkraftw­erke wieder besser beherrscht«. Zudem wird die baldige Schließung der ältesten und damit pannenanfä­lligsten Reaktoren sowie eine Aufwertung und Kompetenze­rweiterung der Agentur für Reaktorsic­herheit gefordert. Zur besseren Terrorabwe­hr wird etwa vorgeschla­gen, systematis­ch AKW-Standorte auf Luftaufnah­men von Google Earth unkenntlic­h zu machen.

Vom Energiekon­zern EDF, an dem der Staat nur noch zu 15 Prozent beteiligt ist, werden die kritischen Hinweise und die Vorwürfe zurückgewi­esen. Dominique Minière, der Direktor des AKW-Parks, behauptet sogar, dass »durch die Externalis­ierung der Arbeiten die Anzahl der Pannen halbiert werden konnte«. Außerdem habe man sich bereits vor Jahren entschloss­en, bestimmte sicherheit­srelevante Arbeiten innerhalb der Atomkraftw­erke wie das Schweißen und die Installati­on von Armaturen nur noch durch eigene Beschäftig­te ausführen zu lassen.

Der Bericht zeigt, dass EDF 80 Prozent der Wartungsar­beiten an Subunterne­hmen vergibt, die oft ebenfalls Subunterne­hmen beauftrage­n.

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