Meiler mit gravierenden Mängeln
Parlamentarischer Untersuchungsbericht zu französischen Atomkraftwerken kritisiert mangelnden Informationswillen
Sie sollten untersuchen, wie es um die Sicherheit der Atomkraftwerke steht. Neben massiven technischen Mängeln kritisieren Abgeordnete vor allem die fehlende Bereitschaft der EDF zur Zusammenarbeit.
Besorgniserregende Mängel hat ein am Donnerstag in Paris veröffentlichter parlamentarischer Bericht über die Sicherheit von Atomreaktoren in Frankreich aufgedeckt. Die Untersuchung war im vergangenen Herbst eingeleitet worden, nachdem Greenpeace durch spektakuläre Aktionen deutlich gemacht hatte, wie einfach es ist, auf das Gelände von Atomkraftwerken vorzudringen. Damit könnten die AKW ein leichtes Ziel für Terroristen werden, so die Schlussfolgerung. Diesen Vorwurf der massiven Bedrohung der Bevölkerung hat der Bericht nicht erhärtet.
Die parlamentarische Untersuchungskommission unter Leitung der Abgeordneten Barbara Pompili von der regierungsnahen Bewegung »La République en marche« kam zu dem Schluss, dass die Absicherung gegen Terroranschläge derzeit relativ hoch und deshalb von dieser Seite keine akute Bedrohung zu befürchten sei. Große Sorgen müsse man sich dagegen wegen der mangelhaften internen Organisation des Energiekonzerns EDF machen, der sämtliche 58 Reaktoren des Landes betreibt. Der Untersuchungsbericht zeigt, dass EDF 80 Prozent der Wartungs- und Reparaturarbeiten an externe Subunternehmen vergibt, die oft ebenfalls Subunternehmen beauftragen.
»Das ist eine gefährliche Verwässerung der Verantwortung«, heißt es im Bericht, der auch die »oft mangelhafte Qualität der ausgeführten Arbeiten« kritisiert, weil »systematisch die billigsten Anbieter ausge- wählt werden«. Bemängelt wird auch, dass »Fachwissen, das früher beim EDF-Personal zusammengekommen ist, durch die Delegierung der Arbeiten an immer neue Firmen verloren geht«.
Wie die Vorsitzende der Untersuchungskommission berichtet, war es oft sehr schwierig, von EDF die angeforderten Informationen zu bekommen. In zahlreichen Fällen wurden die Abgeordneten mit Hinweis auf die Terrorabwehr und die deshalb verfügte »Geheimhaltung im Interesse der staatlichen Sicherheit« abgewiesen. Oft sei versucht worden, sie mit pauschalen Behauptungen abzuspeisen. »Nur zu oft mussten wir die EDFManager daran erinnern, dass sie unter Eid vor gewählten Vertretern des Volkes aussagen«, meinte Barbara Pompili. Um für die Zukunft den Rückzug auf »Geheimnisschutz« zu verhindern, hat die Kommission vorgeschlagen, das Parlament möge eine spezielle Arbeitsgruppe für Atomenergie einsetzen, deren Mitglieder speziell zur Einsicht in Geheimunterlagen berechtigt sind.
Zu den 33 Forderungen, in die der 197 Seiten starke Untersuchungsbericht gipfelt, gehören die »Reintegrierung der Kompetenzen« und die »Begrenzung der Auslagerung von Arbeiten«, damit »EDF den Betrieb der Kernkraftwerke wieder besser beherrscht«. Zudem wird die baldige Schließung der ältesten und damit pannenanfälligsten Reaktoren sowie eine Aufwertung und Kompetenzerweiterung der Agentur für Reaktorsicherheit gefordert. Zur besseren Terrorabwehr wird etwa vorgeschlagen, systematisch AKW-Standorte auf Luftaufnahmen von Google Earth unkenntlich zu machen.
Vom Energiekonzern EDF, an dem der Staat nur noch zu 15 Prozent beteiligt ist, werden die kritischen Hinweise und die Vorwürfe zurückgewiesen. Dominique Minière, der Direktor des AKW-Parks, behauptet sogar, dass »durch die Externalisierung der Arbeiten die Anzahl der Pannen halbiert werden konnte«. Außerdem habe man sich bereits vor Jahren entschlossen, bestimmte sicherheitsrelevante Arbeiten innerhalb der Atomkraftwerke wie das Schweißen und die Installation von Armaturen nur noch durch eigene Beschäftigte ausführen zu lassen.
Der Bericht zeigt, dass EDF 80 Prozent der Wartungsarbeiten an Subunternehmen vergibt, die oft ebenfalls Subunternehmen beauftragen.