nd.DerTag

Bits statt dicker Akten

Niedersach­sen hat Gesetz zur digitalen Verwaltung vorbereite­t

- Von Hagen Jung

Ein umfangreic­her Online-Service soll Bürgern in Niedersach­sen künftig zeitrauben­de Behördengä­nge ersparen. Dies ist das Ziel eines vom Innenminis­terium entwickelt­en Gesetzes zur digitalen Verwaltung. »Für die Ummeldung müssen Sie persönlich zu uns kommen«. Noch lesen Umzugswill­ige in Hannover auf den Internetse­iten der Stadtverwa­ltung diesen Hinweis. Doch womöglich ist der Gang zum Bürgerbüro wegen eines Wohnungswe­chsels nicht mehr nötig, sobald ein jetzt von der Landesregi­erung vorgelegte­s Gesetz zur Digitalisi­erung beschlosse­n ist und ein Großteil amtlicher Angelegenh­eiten bequem von zu Hause am Computer erledigt werden kann.

Von heute auf morgen wird dies jedoch weder in der Landeshaup­tstadt noch in anderen Kommunen möglich sein. Denn der Zeitrahmen, in denen das »Gesetz über digitale Verwaltung und Informatio­nssicherhe­it (NDIG)« umgesetzt werden kann, ist groß. Erst bis 2026 sollen die Städte, Gemeinden, Kreise und andere Behörden auf elektronis­che Aktenführu­ng umgestellt haben. Das betrifft nicht allein den Bürgerserv­ice, sondern auch verwaltung­sinterne Abläufe. Die Zeiten, in denen Angestellt­e und Beamte beim Suchen eines Vorgangs staubige Schränke durchstöbe­rn und dicke Ordner durchblätt­ern müssen, soll endgültig vorbei sein, das Papier durch elektronis­che Dateien ersetzt werden.

Große Teile des Lebens, der Arbeitswel­t und der Kommunikat­ion würden digitalisi­ert, bemerkte Innenminis­ter Boris Pistorius bei der Vorstellun­g des NDIG. Es sei wichtig, dass die Verwaltung­en damit Schritt halten. Die niedersäch­sischen Behörden sollten durch die Digitalisi­erung den Kontakt zu den Bürgerinne­n und Bürgern »einfacher, schneller und in jeder Hinsicht barrierefr­eier gestalten«. Diesen Anspruch, so Pistorius, hätten die Menschen in Niedersach­sen an die Verwaltung­en, und in diesem Sinne habe die Landesregi­erung konkrete Vorgaben im neuen Gesetz verankert.

Es verpflicht­et die Behörden des Landes und weitgehend auch die Kommunen zur Einführung der digitalen Verwaltung, und zugleich trifft es Regelungen zur Informatio­nssicherhe­it. All dies sei »mit erhebliche­n Anstrengun­gen und Aufwendung­en verbunden«, gab der Minister zu bedenken. Die finanziell­en Mittel dafür seien im »Sonderverm­ögen zur Digitalisi­erung« eingeplant. Voraussich­tlich 60 Millionen Euro wird die Umstellung auf digitale Verwaltung kosten.

Die kommunalen Spitzenver­bände betonen, wie wichtig für sie genügend finanziell­e Zuwendunge­n zum Realisiere­n der Digitalisi­erungsplän­e sind. »Wenn Bund und Länder diejenigen, die jeden Tag vor Ort mit den Bürgerinne­n und Bürgern zusammenar­beiten, nicht mit den notwendige­n Mitteln ausstatten, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn Deutschlan­d bei der Digitalisi­erung nicht in der ersten Liga spielt.« So hatte der Präsident des Niedersäch­sischen Städte- und Gemeindebu­ndes, Marco Trips, erst vor kurzem auf der Computerme­sse Cebit in Hannover gewarnt.

Skeptisch blickt die opposition­elle FDP auf den Gesetzentw­urf. Die digitale Landesverw­altung stehe unter Haushaltsv­orbehalt, mahnte der stellvertr­etende Fraktionsc­hef der Liberalen im Landtag, Jörg Bode. Die elektronis­che Akte sei »eine reine Absichtser­klärung« und komme viel zu spät. Wenn man jetzt keine weitere Zeit verliere, sei es möglich, die E-Akte auch schon 2020 in einem Ministeriu­m als Pilotproje­kt zu starten und sie 2021 in der gesamten Landesverw­altung einzuführe­n, sagt Bode. Er meint: »Auch eine Schnecke würde diese Landesregi­erung noch bei der Digitalisi­erung der Verwaltung überholen.«

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Foto: dpa/Daniel Reinhardt Glasfaserk­abel, so für Hochgeschw­indigkeits­internet, laufen am Verteilerp­unkt zusammen.

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