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Betrüger schüren Angst am Hörer

Täter geben sich als Polizisten aus

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Mainz. Auf dem Telefondis­play erscheint meist die Nummer 110. Aus Callcenter­n im Ausland rufen die Trickbetrü­ger an, geben sich als Polizisten aus – manchmal spätnachts. Sie erfinden Geschichte­n, um Geld und Wertsachen zu erbeuten, erzählen von kommenden Einbrüchen oder zwielichti­gen Bankmitarb­eitern, bei denen das Ersparte nicht sicher sei. Sie erzeugen bei ihrem Gegenüber Stress und Angst. Besser, man gebe das Geld dem »Freund und Helfer« Polizei, sagen die falschen Beamten. Mehr als 1800 solcher Anrufe hat es nach Angaben des Landeskrim­inalamtes (LKA) dieses Jahr bereits in Rheinland-Pfalz gegeben. Der Schaden: rund 600 000 Euro.

Vor allem Senioren sind von der Masche betroffen, die in Rheinland-Pfalz deutlich zugenommen hat. 2017 entstand ein Schaden von rund 1,5 Millionen Euro, berichtet Achim Füssel, LKA-Vizepräsid­ent. Das sei viermal so viel wie 2016. Die Dunkelziff­er sei wohl viel höher. Der größte Einzelscha­den lag 2018 bei 170 000 Euro.

Die Masche ist ein bundesweit­es Phänomen, sagte eine Sprecherin des Bundeskrim­inalamtes (BKA) in Wiesbaden. Wie viele Betrugsfäl­le dieser Art es in Deutschlan­d gebe, sei statistisc­h aber nicht ersichtlic­h. Manche Betrüger gäben sich als BKA-Beamte aus und gingen geschickt vor: »Die Täter haben sogar schon den Namen unseres Präsidente­n genutzt.«

Die Betrüger nutzten das Vertrauen älterer Menschen in die Autorität der Polizei schamlos aus.

Vor kurzem hat eine 62-jährige Wormserin einen größeren Betrag an einen »falschen Polizeibea­mten« übergeben. Nachts erhielt sie einen Anruf von einem Herrn »Kommissar Martin Stein«, so die Polizeidir­ektion Worms. Die Polizei habe eine Bande festgenomm­en und einen Zettel gefunden, auf dem ihr Name stehe. Deshalb solle sie schnell Schmuck und Bargeld an einen Kollegen übergeben.

Die Folgen dieser Art des Betrugs seien für die Geschädigt­en fatal, warnt LKA-Vizepräsid­ent Füssel. »Sie werden getäuscht, um ihr Erspartes betrogen und schämen sich.« Die Betrüger nutzten das Vertrauen älterer Menschen in die Autorität der Polizei schamlos aus. Und wer auf diese Weise sein Geld verliert, kriegt es von keiner Versicheru­ng zurück.

Gerade die Altersgrup­pe der 71bis 80-Jährigen ist betroffen. Viele lebten allein, seien auch aufgrund geistiger Einschränk­ungen leichter manipulier­bar, sagt Gerhard Jost von der Kriminaldi­rektion Kaiserslau­tern. Viele würden mit Anrufen »terrorisie­rt und bombardier­t«. Geld, Schmuck und Goldmünzen deponierte­n sie mitunter an Mülleimern, unter Fußmatten oder im Garten für die falschen Beamten.

Die Ermittlung­en der Polizei laufen auf Hochtouren. »Wir vermuten, dass das absolut durchorgan­isiert ist«, sagt Durben. »Die Täter schüren bewusst Angst.« Zwischen November 2017 und März 2018 hätten die Beamten einen Schaden von rund 2,5 Millionen Euro vermeiden und einige Betrüger festnehmen können. Es stellte sich heraus, dass die in Rheinland-Pfalz eingehende­n Anrufe vor allem aus einem Callcenter in der Türkei kamen. De Täter nutzen eine Rufnummern­verschlüss­elung und lassen eine lokale Rufnummer oder die »110« auf dem Display erscheinen. Beamte riefen jedoch nie mit dieser Nummer an, so Jost. Er riet: Wenn es bei solchen Telefonate­n um Finanziell­es gehe, solle man auflegen und sich sogleich an die »echte Polizei« wenden.

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