Vereint im Neid auf Kraken-Beate
Abseits! Die Feuilleton-WM-Kolumne
Als Mensch, der von sich behauptet, ein bisschen Ahnung von Fußball zu haben, ist es eigentlich unter Strafe verboten, an Tippspielen teilzunehmen. Anders als bei Pferdewetten, bei denen es unbedingt nötig ist, Statistiken zu kennen, Pferde, ihre Jockeys und Ernährungsgewohnheiten studiert zu haben, ist es beim Fußball zwingend erforderlich, absolut überhaupt keine Ahnung zu haben, um auf einem der vorderen Tippplätze zu landen. Bisher habe ich mich bei Fußballwetten immer rausgehalten, weil mir dieser Fakt sehr wohl bekannt ist.
Am gefährlichsten sind die Ahnungslostipper, wahlweise sind sie für das Land, in dem sie schon mal nett Urlaub gemacht haben (die Menschen sind so herzlich), bei dem die Trikots gut aussehen (Kroatien, Frankreich) oder das krasser Außenseiter ist (sympathisch). Alles Kriterien, an denen sich der Auskenner, der meistens 2:1 oder 1:2 tippt, weil er weiß, dass das statistisch das häufigste Ergebnis ist, noch nicht mal in absolut verzweifelter Situation orientieren würde. So nimmt er also seit Jahren in Tippgemeinschaften mit der Familie oder im Büro den letzten oder vorletzten Platz hin, während Tante Beate (beim Einwurf: »warum nimmt der den Ball in die Hand, das heißt doch Fußball.«) seit Beginn der WM stolz den ersten Platz besetzt (von verteidigen kann keine Rede sein, denn sie hält alle anderen seit drei Wochen auf mindestens acht Punkte Abstand, darunter Schwiegervater und Schwager, die sich jedes Spiel der Bundesliga reinziehen).
Sogar die Forschung hat zu dem Phänomen was zu sagen: »Der Ausgang eines typischen Spiels ist zu 86 Prozent Zufall und nur zu 14 Prozent ein Resultat der Leistungsstärke der beiden Mannschaften«, sagt Andreas Heuer, Professor für physikalische Chemie an der Universität Münster in diversen Artikeln. Ha. Zufall. Statistiken zur Fehlpassquote wälzen, pH- und Lactatwerte von Ronaldo googeln, das alles bringt absolut überhaupt nichts. Ich hätte es wissen müssen.