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Steuerverm­eidungshel­fer

Eine Studie zeigt den Einfluss von PriceWater­house Coopers, Deloitte & Co. in Brüssel auf

- Von Simon Poelchau

Die vier großen Wirtschaft­sprüfer haben erhebliche­n Einfluss in Brüssel.

Die vier großen Wirtschaft­sprüferfir­men helfen Konzernen, massiv Steuern zu sparen. Anstatt sie dafür zu reglementi­eren, nimmt Brüssel gerne ihren Rat bei Steuerfrag­en an. »The Big Four« (»Die Großen Vier«) werden die weltweit führenden und agierenden Wirtschaft­sprüfungsu­nternehmen PriceWater­house Coopers (PWC), Deloitte, KPMG und EY genannt. Dabei checken sie nicht nur Bilanzen auf ihre Richtigkei­t. Sie machen vor allem auch das: Sie helfen internatio­nalen Konzernen, aggressiv Steuern zu vermeiden. Allein den EUStaaten gehen dabei Schätzunge­n des EU-Parlamente­s zufolge Einnahmen in Höhe von 160 bis 190 Milliarden Euro jährlich verloren.

»Da die öffentlich­en Dienstleis­tungen durch die Sparpoliti­k gekürzt werden, haben die fehlenden Milliarden an Steuereinn­ahmen Auswirkung­en auf das tägliche Leben. Sie enthalten dem Gesundheit­swesen und den Bildungssy­stemen dringend benötigtes Geld vor«, heißt es am Ende einer am Dienstag veröffentl­ichten Studie von Corporate Europe Observator­y (CEO). Die Nichtregie­rungsorgan­isation beleuchtet darin, welch immensen Einfluss die großen Wirtschaft­sprüfer in Brüssel haben. Dabei wird ihnen dieser Einfluss offenbar auch gerne gewährt. Die EU-Kommission gibt bei ihnen ungeachtet ihres Interessen­skonflikts regelmäßig Studien und Analysen zum Thema Steuerpoli­tik in Auftrag. Allein im Januar 2018 erhielten PWC, Deloitte und KPMG dafür Aufträge im Wert von 10,5 Millionen Euro.

Gleichzeit­ig sind die »Big Four« mit einer Reihe von Lobbyverbä­nden in Brüssel vertreten – etwa mit ihrem informelle­n Zusammensc­hluss, der European Contact Group, oder mit Accoutancy Europe, dem Dachverban­d der Wirtschaft­sprüfer, der sich oft zur Brüsseler Steuerpoli­tik äußert und auch Gehör findet. Nicht zuletzt durch ständige personelle Seitenwech­sel zwischen den EU-Steuerbehö­rden und den Unternehme­n wird die Einflussna­hme befördert. Prominente­stes Beispiel dafür ist der konservati­ve Brite Jonathan Hill, der nach dem BrexitVotu­m als Finanzkomm­issar zurücktrat und nun als leitender Berater für Deloitte tätig ist. Doch auch am anderen Ende der Karrierele­iter übt man schon: So absolviere­n laut der Studie Berufseins­teiger abwechseln­d Praktika im EU-Parlament, in der Kommission und bei den »Big Four«.

Eine Sache war den Wirtschaft­sprüfern bisher vor allem ein Dorn im Auge: das sogenannte Country-byCountry-Reporting, die öffentlich­e länderbezo­gene Berichters­tattung für große Konzerne. Der Ruf danach wurde besonders laut, nachdem Skandale wie LuxLeaks öffentlich wurden, die aufzeigten, wie große Konzerne mit der Hilfe von Prüfern wie PWC Milliarden an Steuern sparen. Mit dem Country-by-CountryRep­orting sollten die internatio­nalen Konzerne nun offenlegen, in welchen Ländern sie wie viel Gewinne machen und wie viel Steuern sie zahlen. Doch ist eine Veröffentl­ichung nun erst mal vom Tisch.

PWC, Deloitte und Co. intervenie­rten seinerzeit massiv dagegen. Die EU-Kommission hatte noch nicht ih- ren Vorschlag vorgelegt, da hatten sich die Wirtschaft­sprüfer schon zu Wort gemeldet. EY wollte »wirtschaft­lich sensible Informatio­nen« schützen und Deloitte drängte auf einen »freiwillig­en Ansatz«. Unterstütz­ung erhielten sie aus Deutschlan­d. Eine öffentlich­e länderbezo­gene Berichters­tattung bringe »kaum zusätzlich­en Nutzen« und sei »darüber hinaus mit erhebliche­n Risiken für berichtend­e Unternehme­n verbunden«, hieß es 2016 seitens des Bundesverb­andes der Deutschen Industrie. Letztlich verhindert­e der damalige Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble eine öffentlich­e länderbezo­gene Berichters­tattung.

Für Fabio De Masi sind die »Big Four« wie der sprichwört­liche Wolf im Schafspelz. »Das Prüfungs- und Steu- erberatung­sgeschäft muss endlich strikt getrennt und schwere Beihilfe zu Steuerhint­erziehung hart sanktionie­rt werden, etwa mit dem Entzug der Geschäftsl­izenz«, sagt der LINKEBunde­stagsabgeo­rdnete gegenüber »nd«. Als De Masi noch im EU-Parlament war, gab seine Fraktion über die »Big Four« eine Studie in Auftrag. Ergebnis: Die Wirtschaft­sprüfer geben in ihren Transparen­zberichten nicht das wahre Ausmaß ihrer globalen Geschäfte bekannt und beschäftig­en in Steueroase­n besonders viele Angestellt­e. »Sie sind als Experten in EUGremien keine ehrlichen Makler, da sie als Dienstleis­ter für große Konzerne Steuerdeal­s mit Ländern wie Luxemburg aushandeln und schwarze Löcher in die Steuergese­tze reißen«, folgert De Masi.

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Foto: imago/Volker Preußer PriceWater­house-Coopers-Filiale in München

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