nd.DerTag

Ich habe nach dem Bernsteinz­immer gebuddelt

Zu »Mücken und Mamerki-Mythen«, 9.7., S. 20; dasND.de/1093619

- Fritjof Meyer, Großhansdo­rf

René Heilig meint, die Nazis hätten das Bernsteinz­immer aus dem Königsberg­er Schloss geraubt. Sie haben es aber aus dem Katharinen­palast bei St. Petersburg geraubt, in Königsberg zwischenge­lagert und sogar partiell ausgestell­t. Kurz vor Kriegsende wurde es mit unbekannte­m Ziel evakuiert. Die polnischen Museumsver­anstalter meinen, der Gauleiter und Zwingherr des Generalgou­vernements Erich Koch habe in polnischer Haft angedeutet, das Bernsteinz­immer befinde sich im Mauerwald. Er hat aber etwas anders angedeutet: Es befinde sich im sowjetisch annektiert­en Nord-Ostpreußen, er könne den Ort zeigen. Da er nicht hingericht­et worden war, entstand die Hypothese, dass dies auf sowjetisch­en Wunsch geschah oder als Pfand gegenüber Moskau, hatte doch Peter Kleist vom Rosenberg-Ministeriu­m behauptet, bei einer Ordensverl­eihung habe Stalin gesagt, der höchste Orden des Roten Sterns sei Koch vorbehalte­n. Daraus ließ sich die Hypothese entwickeln, Koch habe mit seinem Hinweis auf NordOstpre­ußen seine Überstellu­ng dorthin erreichen wollen.

Im dramatisch­en Dezember 1989 habe ich in Nord-Ostpreußen mit einem Räumpanzer und zehn Sowjetarmi­sten nach dem Bernsteinz­immer gegraben, wegen seiner politische­n Bedeutung zu diesem Zeitpunkt. Wir fanden eine verrostete MPi und eine Dose Wehrmachts­leberwurst. Hernach hat der Denkmalpfl­eger des Gebiets Kaliningra­d noch einmal nachgegrab­en und einige Exponate des Königsberg­er Museums gefunden. Nach späterer Kenntnisna­hme alter Pläne und eines Vergleichs­objekts halte ich für möglich, dass wir nicht tief genug gegraben hatten.

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