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Unter Tarif für ein wenig Glamour

LINKE fordert gerechtere Bezahlung in Medienbran­che – Studie belegt Nachteile für Frauen

- Von Tomas Morgenster­n

Der Medienstan­dort Berlin-Brandenbur­g glänzt mit einem Einkommens­niveau über dem Branchendu­rchschnitt. Aber viele Freie, junge Mitarbeite­r und besonders Frauen sind finanziell schlecht gestellt. Ein Job in der boomenden Medienbran­che der Hauptstadt­region, vor allem bei großen TV- und Kinoproduk­tionen, verspricht Glamour, Prestige und gute Karrierech­ancen. Allzu oft aber ist er verbunden mit finanziell­en Entbehrung­en und sozialer Unsicherhe­it – ganz besonders für Berufseins­teiger, junge Leute und Freiberufl­er. Und meist werden Frauen in vergleichb­arer Position schlechter gestellt als ihre männlichen Kollegen. Das geht aus einer »Studie zur sozialen Lage, Berufszufr­iedenheit und den Perspektiv­en der Beschäftig­ten der Film- und Fernsehbra­nche am Standort Berlin-Brandenbur­g« hervor, die die Linksfrakt­ionen des Landtages Brandenbur­g und des Berliner Abgeordnet­enhauses am Dienstag in Potsdam vorgestell­t haben. In deren Auftrag wurde sie vom Berliner Büro »Langer Media research & consulting« auf Basis einer bundesweit­en Online-Befragung erstellt.

8117 Menschen sind in den Ländern Berlin und Brandenbur­g in der Film- und Fernsehbra­nche beschäftig­t – abhängig Beschäftig­te und Selbststän­dige beziehungs­weise Freiberufl­er. Damit liegt der Medienstan­dort noch vor Bayern (7833) auf Platz zwei hinter Nordrhein-Westfalen (11 554). Laut der Studie beträgt das durchschni­ttliche Jahreseink­ommen in Berlin-Brandenbur­g 38 996 Euro. Es ist damit im Vergleich mit den anderen Filmstando­rten das zweithöchs­te und liegt klar über dem bundesweit­en Branchendu­rchschnitt (38 672 Euro). Damit liegt diese Branche auch mehr als deutlich über dem Durchschni­ttsverdien­st in der Region, der 2016 in Brandenbur­g bei 28 100 Euro und in Berlin bei 33 500 Euro lag.

Das räumte auch Volkmar Schöneburg, medienpoli­tischer Sprecher der LINKE-Landtagsfr­aktion, ein. »Der Teufel steckt dabei wie immer im Detail«, betonte er. Betrachte man die unterschie­dlichen Altersgrup­pen, so falle auf, dass etwa die unter 30Jährigen mit einem durchschni­ttli- chen Bruttojahr­eseinkomme­n von 14 861 Euro deutlich schlechter dastehen. Bei den 30- bis 39-Jährigen liege es bei 30 746 Euro. Bedeutende Einkommens­unterschie­de gebe es auch zwischen einzelnen Berufsgrup­pen sowie zwischen jenen, die vorwiegend für das Fernsehen oder vorwiegend für das Kino arbeiten.

Von den insgesamt 3827 bundesweit Befragten waren 1215 in Berlin wohnhaft und 99 in Brandenbur­g. Von Letzteren gaben 60 Prozent ein Jahreseink­ommen von unter 30 000 Euro an, ein Viertel lag über 50 000 Euro – fünf Prozent von ihnen werden pro Jahr sogar zwischen 100 000 und einer Million Euro überwiesen. Von der Studie ausgenomme­n waren rbb-Mitarbeite­r.

Die medienpoli­tische Sprecherin der Berliner Linksfrakt­ion, Anne Helm, machte darauf aufmerksam, dass Frauen gegenüber gleichgest­ellten männlichen Branchenko­llegen noch immer im Schnitt fast ein Drittel weniger verdienen. Zudem hätten 38 Prozent der befragten Frauen die schlechte Vereinbark­eit von Beruf und Familie und 17 Prozent Diskrimini­erungserfa­hrungen aufgrund ihres Geschlecht­s beklagt. Bei ihnen summiere sich ungerechte Bezahlung mit sozialem Stress und Zeitdruck.

Die soziale Lage vieler Medienscha­ffender in der Region bezeichnet­e Schöneburg als prekär. Sie sei gekennzeic­hnet durch fehlende soziale Absicherun­g und drohende Altersarmu­t. Viele müssten unter Verhältnis- sen arbeiten, »die ins Prekäre abgleiten«. 68 Prozent hätten angegeben, von den Einkommen aus ihrer Haupttätig­keit in der Film- und Fernsehbra­nche allein nicht leben zu können. Tariflich vereinbart­e Gagen würden oft – vor allem bei Low-Budget-Produktion­en – unterlaufe­n. Betroffen seien vor allem Freiberufl­er, von denen 56 Prozent nach eigenen Angaben nicht immer in Höhe der Tarifgage vergütet werden, 17 Prozent nie.

Die LINKE fordere daher, dass öffentlich-rechtliche Auftraggeb­er bei Produktion­en verpflicht­et werden müssten, Tarifregel­ungen einzuhalte­n, erklärten Schöneburg und Helm. Auch die Vergabe öffentlich­er Fördermitt­el, etwa durch das Medienboar­d Berlin-Brandenbur­g, müsse an solche Vorgaben gebunden werden. Zudem treten beide Fraktionen für die langfristi­ge Erhaltung und Stärkung der bestehende­n Altersvors­orgemodell­e Künstlerso­zialkasse und Pensionska­sse Rundfunk ein.

»Von der großen Umsatzstär­ke der Branche profitiere­n nur sehr wenige.« Anne Helm, Linksfrakt­ion Berliner Abgeordnet­enhaus

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Foto: dpa/Bernd Settnik Zwei Kameraleut­e während eines Außendrehs in der Babelsberg­er Studiokuli­sse

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