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Luftschlös­ser als Klotz am Bein

Defizitäre Provinzflu­ghäfen belasten kommunale Kassen

- Von Hans-Gerd Öfinger, Wiesbaden

Kleine Regionalfl­ughäfen, an denen Kommunen oder Landkreise beteiligt sind, haben sich für diese inzwischen häufig zum Problem entwickelt. So ist beim nordhessis­chen Flughafen Calden auch über vier Jahre nach der Inbetriebn­ahme keine durchgreif­ende Belebung in Sicht. Der Flugplan sieht aktuell nur wenige Starts und Landungen einzelner Ferienflie­ger vor, ansonsten herrscht gähnende Leere im Terminal.

Der aus einem Luftlandep­latz heraus entwickelt­e »Kassel Airport« bei Calden sollte nach dem Willen von Kommunal- und Landespoli­tikern die regionale Wirtschaft beleben und somit auch mehr Einnahmen in öffentlich­e Kassen bringen. Stattdesse­n erweist sich die Beteiligun­g an der defizitäre­n Betreiberg­esellschaf­t nun für die Anliegerge­meinde als Klotz am Bein. So versagte die zuständige Aufsichtsb­ehörde Berichten der Regionalpr­esse zufolge dieser Tage der Kommune Calden die Genehmigun­g für ihren laufenden Haushaltsp­lan 2018. Als Grund dafür wurde dem Vernehmen nach angegeben, dass die Verwaltung keine Perspektiv­e für einen ausgeglich­enen Haushalt bis 2021 aufzeigen könne.

Der 8000-Einwohner-Ort ist nach wie vor mit sechs Prozent an der Flughafenb­etreiberge­sellschaft beteiligt. Hauptantei­lseigner der defizitäre­n GmbH sind das Land Hessen mit 68 Prozent sowie Stadt und Landkreis Kassel mit jeweils 13 Prozent. »Unsere finanziell­e Lage ist eindeutig dem Flughafen zuzuordnen«, so der parteilose Caldener Bürgermeis­ter Maik Mackewitz. Er strebt einen vollständi­gen oder zumindest teilweisen Verkauf der Anteile an der Gesellscha­ft an. Doch die schwarz-grüne

Der Caldener Bürgermeis­ter will die Airport-Anteile möglichst abstoßen.

Landesregi­erung und die Stadt Kassel pochen auf Vertragstr­eue. »Das Recht der Gemeinde zum Austritt ist gesellscha­ftsvertrag­lich nicht vorgesehen«, erklärte Moritz Josten vom Hessischen Finanzmini­sterium.

»Der Flughafen bringt nicht viele Flieger in die Luft, aber die Gemeinde Calden zum Absturz«, sagte der Landtagsab­geordnete Jan Schalauske (LINKE) und warnte vor tiefen Einschnitt­en im kommunalen Haushalt. Es sei »geradezu absurd, dass am Flughafen wenige hochsubven­tionierte Ferienflie­ger in die Sonne abheben und gleichzeit­ig das örtliche Schwimmbad teurer wird und die Grundsteue­r weiter angehoben werden muss, nur weil die Landesregi­erung auf Biegen und Brechen an einem gescheiter­ten Prestigepr­ojekt festhält«, so der Parlamenta­rier. Er bekräftigt­e die Forderung nach Rückstufun­g des Airports zum Verkehrsla­ndeplatz.

Während in Calden meist Ruhe herrscht, leiden die Anwohner anderer Airports unter nächtliche­m Fluglärm. So werden jüngsten Meldungen zufolge des Nachts weiterhin verspätete Maschinen vom Frankfurte­r Rhein-MainGroßfl­ughafen regelmäßig zum gut 100 Kilometer westlich gelegenen Regionalfl­ughafen Hahn umgeleitet. Am Frankfurte­r Flughafen gilt ein Nachtflugv­erbot zwischen 23 und 5 Uhr.

Doch auch für den Regionalfl­ughafen Hahn sieht es nicht rosig aus, sein Niedergang dürfte auch durch außerplanm­äßige nächtliche Landungen kaum gestoppt werden. Denn der langjährig­e Großkunde Ryanair reduziert dort zunehmend seine Flugbewegu­ngen und etabliert sich immer mehr am Rhein-Main-Flughafen.

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