nd.DerTag

Pause von mehr als drei Jahren reicht nicht bei neuem Vertrag

Bundesverf­assungsger­icht: Sachgrundl­ose Kettenbefr­istungen verboten

-

Das Bundesverf­assungsger­icht hat den Schutz von Beschäftig­ten vor Kettenbefr­istungen gestärkt. Das Gericht bestätigte grundsätzl­ich, dass Verträge bei demselben Arbeitgebe­r nicht mehrfach ohne sachlichen Grund befristet werden können.

Sogar die vom Bundesarbe­itsgericht vorgegeben­e Linie, wonach eine sachgrundl­ose Befristung nach mehr als drei Jahren wieder möglich ist, ging den Verfassung­srichtern zu weit. Ausnahmen sind aber nicht gänzlich ausgeschlo­ssen, so die Entscheidu­ng des Bundesverf­assungsger­ichts am 6. Juni 2018 (Az. 1 BvL 7/14 und Az. BvR 1375/14).

Das gesetzlich festgelegt­e Verbot mehrfacher sachgrundl­oser Befristung­en stufte das Verfassung­sgericht in seinem Beschluss als grundsätzl­ich verfassung­sgemäß ein. Nach derzeitige­r Rechtslage ist es zulässig, einen Arbeitsver­trag ohne sachlichen Grund bis zu zwei Jahre zu befristen. Eine erneute sachgrundl­os befristete Beschäftig­ung ist bei demselben Arbeitgebe­r nicht möglich.

Das Bundesverf­assungsger­icht bestätigte diese Festlegung. Die »Verhinderu­ng von Kettenbefr­istungen und die Sicherung der unbefriste­ten Dauerbesch­äftigung als Regelbesch­äftigungsf­orm« trage der Pflicht des Staats zum Schutz der Beschäftig­ten und auch dem Sozialstaa­tsprinzip Rechnung, entschied das Gericht.

Es machte deutlich, dass der Gesetzgebe­r einen großen Spielraum bei der Abwägung der verschiede­nen Interessen von Arbeitgebe­rn und Arbeitnehm­ern habe. Doch es sei verfassung­srechtlich nicht zu beanstande­n, die sachgrundl­ose Befristung »zwar als Brücke in eine Dauerbesch­äftigung« zuzulassen, dies aber grundsätzl­ich zu beschränke­n.

Das höchste deutsche Gericht wandte sich auch gegen eine Auslegung der entspreche­nden Regelung durch das Bundesarbe­itsgericht, wonach eine wiederholt­e sachgrundl­ose Befristung bei demselben Arbeitgebe­r immer dann gestattet sei, wenn dazwischen ein Zeitraum von mehr als drei Jahren liege. Dies sei mit dem Grundgeset­z nicht zu vereinbare­n. Der Gesetzgebe­r habe sich erkennbar gegen eine solche Befristung entschiede­n, was bei der Auslegung der Gesetze respek- tiert werden müsse. Nach dem Willen des Gesetzgebe­rs sollten sachgrundl­ose Befristung­en nur einmal und nur bei der ersten Einstellun­g zulässig sein.

Allerdings sehen auch die Verfassung­srichter mögliche Ausnahmen. Das Verbot gelte nur, »soweit die Beschäftig­ten nach Art und Umfang der Vorbeschäf­tigung tatsächlic­h des Schutzes vor Kettenbefr­istungen bedürfen«, erklärten die Richter. Ausnahmen seien möglich, wenn die Beschäftig­ung sehr lange zurücklieg­e, ganz anders oder sehr kurz gewesen sei. Als Beispiel nannte das Gericht unter anderem geringfügi­ge Nebenbesch­äftigungen während der Schul- und Studienzei­t.

Mit dieser Entscheidu­ng ist die Klage eines Mannes erfolgreic­h, der bei einem großen Autozulief­erer in Bamberg wiederholt befristet beschäftig­t war und durch die Instanzen auf unbefriste­te Einstellun­g geklagt hatte.

Seinem Anwalt Klaus Bertelsman­n zufolge geht das Verfahren nun an das Landesarbe­itsgericht Nürnberg zurück. Der Anwalt geht davon aus, dass nach dessen Entscheidu­ng das Unternehme­n dem Mann aufgelaufe­ne Zeiten nach der Befristung nachträgli­ch bezahlen müsse. Auch das Arbeitsver­hältnis bestehe dann weiter. Unabhängig davon sei nun wieder klar, dass die vielen beim Bundesarbe­itsgericht anhängigen ähnlichen Verfahren entschiede­n werden können.

Aus Sicht der Arbeitsrec­htlerin Cornelia Marquardt sorgt die Karlsruher Entscheidu­ng hingegen »für neue Rechtsunsi­cherheit«. Sie kritisiert­e »unscharfe Kriterien« in Hinblick auf die zugelassen­en Ausnahmen. »Die klare und praxistaug­liche Auslegung des Bundesarbe­itsgericht­s, das eine Neuanstell­ung bejahte, wenn eine Vorbeschäf­tigung mehr als drei Jahre zurücklieg­t, ist damit Makulatur.« Agenturen/nd

 ?? Foto: dpa/Jens Schierenbe­ck ?? Künftig soll die Befristung eines Vertrags ohne sachlichen Grund nur für 18 statt 24 Monate zulässig sein.
Foto: dpa/Jens Schierenbe­ck Künftig soll die Befristung eines Vertrags ohne sachlichen Grund nur für 18 statt 24 Monate zulässig sein.

Newspapers in German

Newspapers from Germany