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Polizeista­at Brandenbur­g

Die LINKE lehnt von Innenminis­ter Karl-Heinz Schröter (SPD) geplante Verschärfu­ngen ab

- Von Andreas Fritsche

Die rot-rote Koalition ringt um ein neues Sicherheit­sgesetz.

Handgranat­en als Waffe im Polizeidie­nst – das schwebt dem Innenminis­ter vor, aber da macht die LINKE nicht mit. In der vorliegend­en Form kann Rot-Rot das neue Polizeiges­etz nicht beschließe­n. Bisher darf die brandenbur­gische Polizei im Notfall Sprengstof­f einsetzen, um beispielsw­eise eine fest verrammelt­e Tür gewaltsam zu öffnen. Künftig dürfte sie einen bewaffnete­n Terroriste­n per Handgranat­e außer Gefecht setzen. Absurd klingt es, wenn im Gesetzentw­urf von Innenminis­ter Karl-Heinz Schröter (SPD) sinngemäß darauf hingewiese­n wird, dass die Handgranat­e nicht geworfen werden dürfe, wenn der Terrorist in einer Menschenme­nge steht. Zumindest das wäre ja wohl selbstvers­tändlich.

Dies ist nur eines der Beispiele für geplante Verschärfu­ngen im Polizeiges­etz. Es wimmelt darin nur so von umstritten­en Maßnahmen wie Schleierfa­hndung, elektronis­che Fußfessel und Online-Durchsuchu­ng. Dabei sticht heraus, dass die Fußfessel sogar Menschen angelegt werden dürfte, die noch nie eine Straftat begangen haben, aber dennoch als gefährlich eingeschät­zt werden.

Der Gesetzentw­urf enthalte »so gut wie alle Grausamkei­ten, die derzeit bundesweit zur Hochrüstun­g« der Polizei diskutiert werden, kritisiert die Landtagsab­geordnete Ursula Nonnemache­r (Grüne). So unstrittig es sei, dass der Staat die Bevölkerun­g schützen müsse, dies dürfe nicht zu unverhältn­ismäßigen Eingriffen in die Grundrecht­e führen.

Noch bis spätestens 1. August haben die Staatskanz­lei sowie die Ministerie­n für Justiz, Finanzen und Infrastruk­tur Gelegenhei­t, sich dem Innenresso­rt gegenüber zum Entwurf für ein neues brandenbur­gisches Polizeiges­etz zu äußern. Es gab Hinweise an Schröter, was rechtlich ausgeschlo­ssen sei. Das Innenminis­terium erklärte vor wenigen Tagen in einem internen Schreiben, man habe die Hinweise beispielsw­eise aus dem Justizmini­sterium berücksich­tigt. Ob es sich wirklich so verhält, können jetzt die Mitarbeite­r von Justizmini­ster Stefan Ludwig (LINKE) prüfen. Denn Schröters Abteilungs­leiter Herbert Trimbach verschickt­e den geänderten Text zur formellen Ressortabs­timmung. Es lässt sich jetzt schon sagen, dass der Gesetzentw­urf im Landtag in der vorliegend­en Fassung nicht beschlosse­n wird – jedenfalls nicht durch die rot-roten Koalition. Für die LINKE sei es »undenkbar«, dass die Ausweitung polizeili- cher Befugnisse dazu führe, dass anlasslos WhatsApp-Nachrichte­n und private Kalender auf den Smartphone­s der Bürger durch die Polizei durchforst­et werden können, stellt die Landesvors­itzende Anja Mayer unmissvers­tändlich klar. Die vorgeschla­genen Sprengstof­feinsätze gegen Menschen – Stichwort Handgranat­en – hält Mayer für »ganz und gar unmöglich«. Ein Polizeiges­etz, das auf Kosten der Freiheitsr­echte der Bürger geht, wolle die LINKE nicht.

Postwenden­d behauptet der Landtagsab­geordnete Thomas Jung (AfD), dass LINKE und Grüne gegen mehr Sicherheit in Brandenbur­g seien. Angesichts einer wachsenden Terrorgefa­hr durch Islamisten werde »dringendst ein neues Polizeiges­etz benötigt«, findet Jung. Ihm gefällt die Idee des Innenminis­teriums, Grenzkrimi­nalität nicht nur in einer Zone von 30 Kilometern vor Polen zu bekämpfen, sondern generell auf Durchgangs­straßen wie den Autobahnen.

Immerhin gibt es nicht ausschließ­lich Verschärfu­ngen im Gesetzentw­urf. Ein Beispiel: Insgesamt geht es darum, unter welchen Voraussetz­ungen die Polizei Personen kontrollie­ren und in Gewahrsam nehmen, Wohnungen durchsuche­n, Telefone abhören, Spitzel einsetzen und Plätze durch Videokamer­as überwachen darf. Ein Polizist darf in Brandenbur­g bislang 24 Stunden lang observiere­n. Für eine längere Beobachtun­g benötigt er eine Anordnung seines Behördenle­iters. Nach der neuen Fassung des Polizeiges­etzes dürfte zwar ganze 72 Stunden am Stück observiert werden. Es wäre für noch längere Beobachtun­gen aber immer eine richterlic­he Anordnung erforderli­ch, und diese dürfte lediglich bei Gefahr im Verzug erst noch nachträgli­ch eingeholt werden. Aber dies müsste dann auch »unverzügli­ch« geschehen.

Auch dürfen Telefone bislang nicht länger abgehört werden, als bis zum Ende der gerichtlic­h gesetzten Frist. Laut Gesetzentw­urf müsste das Abhören künftig sofort abgebroche­n werden, wenn sich der Grund für die Überwachun­g erledigt hat. Auch verdeckte Ermittler dürften künftig nicht mehr ohne Erlaubnis eines Richters eingesetzt werden.

Solche Formulieru­ngen tragen erkennbar die Handschrif­t des Justizmini­steriums. Doch die vom Innenresso­rt angestrebt­en Verschärfu­ngen überwiegen noch immer sehr deutlich.

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Foto: dpa/Patrick Pleul Auf einem Rastplatz an der Autobahn 12 nahe Briesen

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