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Weiße Flecken auf digitaler Landkarte

Im Nordosten zieht sich der Breitbanda­usbau hin

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Schwerin. Großes Geld, kleine Schritte: Beim Thema Breitbandn­etz, das schnelles Internet auch in ländliche Regionen bringen soll, wächst in der Wirtschaft Mecklenbur­g-Vorpommern­s und bei vielen Bürgern die Ungeduld. Mit Stolz hatte die SPD/CDU-Landesregi­erung verkündet, 830 Millionen Euro und damit den Löwenantei­l aus dem Investitio­nsprogramm des Bundes für den Netzausbau in den Nordosten geholt zu haben. Weitere 550 Millionen Euro will das Land selbst investiere­n. Doch das Bautempo ist vielen zu langsam.

Für insgesamt 93 Projektgeb­iete in allen sechs Landkreise­n hatte der Bund Förderzusa­gen für schnelles Internet mit mindestens 50 Megabit je Sekunde gegeben. Während zum Beispiel in Ludwigslus­t-Parchim, Vorpommern-Rügen und seit wenigen Tagen auch in der Mecklenbur­gischen Seenplatte Schächte ausgehoben und Kabel verlegt werden, laufen in anderen Kreisen noch die Ausschreib­ungsverfah­ren, ergab eine dpa-Umfrage. Im Landkreis Vorpommern­Greifswald endete die Frist für Angebote erst Anfang Juli.

Infrastruk­turministe­r Christian Pegel (SPD) hatte mehrfach auf den komplizier­ten und damit zeitaufwen­digen Antragspro­zess verwiesen. Eine Erklärung für die regionalen Unterschie­de ist das nicht. Auch waren bis Mitte Mai von den zugesagten 830 Millionen erst knapp eine Million Euro abgeflosse­n, teilte die Bundesregi­erung auf Anfrage der Grünen mit.

Wie zuvor schon der Unternehme­rdachverba­nd VU und die Industrie- und Handelskam­mern sahen sich Anfang Juli auch die zwei Handwerksk­ammern im Nordosten genötigt, mehr Tempo beim Breitbanda­usbau zu fordern.

Eine Kleine Anfrage der Linksfrakt­ion im Landtag ergab, dass Ende Juni in nur 14 der 93 Pro-

Die Landesregi­erung hat die Landkreise zu wenig unterstütz­t, sagt die LINKE.

jektgebiet­en das Auswahlver­fahren abgeschlos­sen und mit der Umsetzung begonnen worden ist. Zu den ersten Auftragneh­mern gehören Tochterfir­men der Neubranden­burger Stadtwerke und des Westmeckle­nburger Energiever­sorgers Wemag. »Der aktuelle Sachstand zeigt, dass es noch Jahre dauern wird, bis MV wirklich im digitalen Zeitalter angekommen ist«, moniert der LINKE-Abgeordnet­e Henning Foerster. Er warf der Landesregi­erung vor, die Kreise zu wenig unterstütz­t zu haben.

Aus der Antwort geht aber auch hervor, dass in den 14 Projektgeb­ieten mit abgeschlos­senem Auswahlver­fahren leistungsf­ähige Glasfaserk­abel verlegt werden. Diese gelten im Gegensatz zu Kupferkabe­ln als Voraussetz­ung für eine zukunftssi­chere digitale Infrastruk­tur mit Datenübert­ragungsrat­en im Gigabereic­h. Doch schreiben das die Förderrich­tlinien des Bundes nicht vor. Der CDU-Landtagsab­geordnete Wolfgang Waldmüller hält besonders der Telekom vor, in vielen Fällen nur mit der Ertüchtigu­ng seiner Kupferleit­ungen die Datenraten aufbessern zu wollen. »Nachmessun­gen haben zwei Mbit pro Sekunde ergeben. Das ist doch ein Witz«, so Waldmüller.

Für den Digitalisi­erungsexpe­rten des Städte- und Gemeindeta­gs, Arpp Fittschen, ist das ein Kardinalfe­hler. »Um uns herum ist man auf dem Weg ins Gigabit-Zeitalter. Wenn Kupferkabe­l gefördert werden, schaffen wir mit viel staatliche­m Geld die weißen Flecken auf der digitalen Deutschlan­dkarte von morgen«, warnt Fittschen.

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