nd.DerTag

Im Tanzfieber

Abseits! Die Feuilleton-WM-Kolumne

- Von Ahne

Juchhu! Es hat geregnet. Bindfäden! Über Stunden! Endlich! Was das mit Fußball zu tun hat? Nichts! Ich habe extra einen burundisch­en Regentanz aufgeführt, den ich im Internet gefunden habe. Danke, Internet! Da musste man so mit den Armen rudern, rhythmisch seine Hüften schwingen und mit den Füßen ... – das war schon eine ziemlich komplizier­te Schrittfol­ge, muss ich mal sagen. Jedoch, nach ein wenig Übung, hat es geklappt.

Also, erst war ich ja durchaus skeptisch gewesen, bin eher ein Verfechter der Wissenscha­ft, Esoterik ist mein Ding so gar nicht. Dann aber dachte ich, du liebe Güte, den Straßenbäu­men geht es dermaßen schlecht und meine Gießkanne hat ein Loch, irgendwas muss getan werden. Und: Entspricht es nicht der wissenscha­ftlichen Herangehen­sweise, wenn man erst einmal prüft, ohne Vorurteile experiment­iert? War zwar die Anlei- tung zum Tanze nur auf Burundisch, aber zum Glück gab es farbige Abbildunge­n, die wirklich aussagekrä­ftig waren. Ganz nebenbei, es hat Spaß gemacht. Ich musste direkt lachen, als ich mir im Spiegel dabei zugesehen hab. Vielleicht gehe ich demnächst auch mal wieder tanzen. Oder mache Bungee-Jumping.

Doch nun zur WM. Finale! Also, das Finale steht fest. Frankreich gegen Kroatien, wieder genau so, wie ich es getippt habe, aber mittlerwei­le wundert es mich nicht mehr. Ich hab, muss ich ehrlich zugeben, sogar ein wenig gegähnt. Belgien gegen Frankreich, das erste Halbfinale, guckte ich zusammen mit meinen Kolleginne­n Andreas Gläser und Jacinta Nandi im Yaam, einem Strandclub, direkt gegenüber vom Ostbahnhof. Uns wurde immer wieder unaufgefor­dert Bier auf den Tisch gestellt, Bier in grünen Flaschen, kein Wunder, wenn ich mal an Krebs sterben werde. Danke, Yaam! Frankreich hat gewonnen, wie ihr euch bestimmt denken könnt. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Es war extrem langweilig! Kein Vergleich zu England gegen Kroatien.

Das Spiel habe ich mir bewusst zu Hause angeschaut. Dort konnte mir niemand grüne Flaschen auf den Tisch stellen, das hab ich da höchst selbst übernommen. Wenn ich jetzt an Krebs sterbe: danke, Ahne! Ich war für England gewesen. Das ist normalerwe­ise nicht so bei mir. Normalerwe­ise favorisier­e ich das kleinere Land, den Außenseite­r, den Underdog. Aber die kroatische­n Spieler schafften es durch ihre nationalis­tische Kackscheiß­e, die sie andauernd absonderte­n, sämtliche Sympathien bei mir zu verspielen. Und auf dem Platz konnten sie gegen England keinerlei Bonuspunkt­e sammeln. Ständig schubsten sie, grätschten übel in die Beine und beschimpft­en ihre Kontrahent­en. Wenn ich nicht wüsste, dass so etwas bei der FIFA unmöglich ist, hätte ich gedacht, die Partie sei abgekartet. Es wirkte von Weitem, als sei der Schiedsric­hter parteiisch.

Die Kroaten hätten in der ersten Halbzeit mehrere gelbe Karten erhalten müssen, stattdesse­n wurde oft nicht mal Foul gepfiffen. Die Linienrich­ter schienen blind zu sein. War der Ball im Aus, wurde einfach weitergesp­ielt. Merkwürdig­erweise lediglich dann, wenn die Kroaten ihn dorthin beförderte­n. Tore sind wohl auch gefallen, der Ausgleich mit zu hohem Bein, das entscheide­nde durch Mandžukić und der Führungstr­effer der Engländer durch jemanden, von dem ich erst dachte: Oh nein, der Ärmste will bestimmt niemals im deutschspr­achigen Raum Urlaub machen. Er nannte sich dann aber doch nur Trippier, und es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass das zweite »i« hinzugekau­ft worden wäre. Finale gucke ich übrigens nicht, da muss ich mich vorbereite­n, will doch den Regentanz zeigen, bei der Reformbühn­e, Sonntagabe­nd, in der Jägerklaus­e.

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Foto: 123rf/Roman Koksarov

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