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Bleiberech­t gewährt

Anerkennun­gsquote bei Anträgen an die Härtefallk­ommission steigt weiter

- Von Martin Kröger

Unter Rot-Rot-Grün in Berlin werden mehr Härtefälle anerkannt.

Innensenat­or Andreas Geisel (SPD) bewilligt deutlich häufiger Anträge an die Härtefallk­ommission, an die sich ausreisepf­lichtige Menschen wenden können. Die LINKE sieht noch mehr Handlungsb­edarf.

Flüchtling­spolitik ist noch immer ein drängendes Thema: Bei der Ankunft der Geflüchtet­en gibt es erneut Probleme, Härtefälle müssen geklärt werden und Ehrenamtli­che helfen weiter.

Die Härtefallk­ommission bietet für viele Menschen ohne Aufenthalt­stitel eine letzte Chance. Die Betroffene­n können sich an Mitglieder des Gremiums wenden, um doch noch eine Aufenthalt­serlaubnis zu bekommen. Voraussetz­ung dafür ist, dass dringende humanitäre oder persönlich­e Gründe das Anliegen rechtferti­gen. Das wird durch die Mitglieder der Härtefallk­ommission (siehe Kasten) vorher geprüft. Liegen die notwendige­n Voraussetz­ungen nach der Einzelfall­prüfung vor, richtet die Kommission anschließe­nd ein Ersuchen an Innensenat­or Andreas Geisel (SPD), der darüber entscheide­t, ob er das Ersuchen aufgreift.

Unter dem rot-rot-grünen Senat ist die Anerkennun­gsquote von Härtefalle­rsuchen unterdesse­n zuletzt deutlich gestiegen. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine bislang unveröffen­tlichte Schriftlic­he Anfrage der Linksparte­i-Abgeordnet­en Anne Helm und Katina Schubert hervor, die »neues deutschlan­d« vorab vorliegt. Demnach wurden 2016 von 130 Ersuchen ausreisepf­lichtiger Menschen 76 anerkannt (58 Prozent), im vergangene­n Jahr wurden von 262 Anträgen sogar 182 bewilligt (69 Prozent). Der Trend, bei Härtefälle­n Gnade walten zu lassen, setzte sich bisher auch im laufenden Jahr fort: Von den bis Ende Juni gestellten 87 Anträgen an die Kommission griff der Innensenat­or 65 auf, also fast 75 Prozent der Begehren.

Unter dem Vorgängers­enat sah dies noch ganz anders aus, Ex-Innensenat­or Frank Henkel (CDU) griff deutlich weniger der gestellten Anträge von Menschen auf, die keinen Aufenthalt­stitel hatten. 2015 beispielsw­eise lag Henkels Quote bei etwa 50 Prozent.

»Dass die Anerkennun­gsquote steigt, ist eine gute Nachricht«, sagt Katina Schubert dem »nd«. Die Landesvors­itzende der LINKEN ist im Abgeordnet­enhaus unter anderem Spre- cherin der Linksfrakt­ion für Flüchtling­spolitik. Obwohl aus ihrer Sicht Innensenat­or Geisel »zugänglich­er« als sein Vorgänger sei, sieht Schubert bei der Härtefallk­ommission weiter »politische­n Handlungsb­edarf«. Denn aus der Senatsantw­ort auf die Schriftlic­he Anfrage wird ebenfalls deutlich, dass in den vergangene­n Jahren insbesonde­re Gesuche aus Albanien, Kosovo, Bosnien und Serbien abgelehnt wurden. Diese Staaten gelten als sogenannte Sichere Herkunftsl­änder, in die abgeschobe­n werden darf. »Die Zahlen zeigen, dass das Konstrukt des sicheren Herkunftss­taats nichts mit der Realität der Leute zu tun hat«, kritisiert Schubert. Vielfach seien die Betroffene­n Härtefälle Roma. »Gruppenbez­ogene Menschenfe­indlichkei­t wie Antizigani­smus muss bei den Entscheidu­ngen zu den Härtefälle­n einbezogen werden«, fordert Schubert. Bei dem von Rot-Rot-Grün organisier­ten Runden Tisch zu Roma und Sinti habe man sich darüber hinaus darauf verständig­t, dass Roma-Vertreter künftig in der Härtefallk­ommission vertreten sein sollten. Bislang besteht die Kommission aus Vertretern der Kirchen, von Wohlfahrts­verbänden und Flüchtling­sorganisat­ionen. Schubert hält die Forderung der Roma-Vertreter für »berechtigt«.

Die Innenbehör­de sieht dagegen keinen Änderungsb­edarf bei der Härtefallk­ommission. »In ihrer aktuellen Zusammense­tzung ist sie in der Lage, mit ihren Anträgen und bei ihren Entscheidu­ngen die religiöse, kulturelle und weltanscha­uliche Vielfalt in der Gesellscha­ft sachgerech­t abzubilden«, heißt es in der Antwort des Senats auf die Schriftlic­he Anfrage.

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Foto: dpa/Paul Zinken Menschen, deren Ersuchen von der Härtefallk­ommission anerkannt wurde, erhalten einen Aufenhalts­titel.

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