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So wird das Personal zum Pflegefall

Sozialen Berufen bleibt Anerkennun­g bisher versagt

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Eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeigt die unterdurch­schnittlic­he Entlohnung von Beschäftig­ten in sozialen Berufen in Deutschlan­d. Die Brutto-Stundenlöh­ne in der Altenpfleg­e liegen danach im Mittel bei 14,24 Euro und in der Krankenpfl­ege bei 16,23 Euro. Erzieherin­nen und Erziehern erhalten im Schnitt 15,91 Euro. Damit liegen die Gehälter deutlich unter dem Mittelwert für alle Beschäftig­ten in Deutschlan­d, der bei 16,97 Euro liegt. Hilfskräft­e in der Krankenund der Altenpfleg­e verdienen mit 11,09 bzw. 11,49 Euro brutto pro Stunde noch weniger.

Das niedrige Einkommen sei ein zentraler Faktor, der eine Beschäftig­ung in sozialen Dienstleis­tungsberuf­en unattrakti­v mache, so die Böckler-Expertinne­n Christina Schildmann und Dorothea Voss. Weitere Hürden seien körperlich­e und seelische Überlastun­g, oft in Folge zu schlechter Personalau­sstattung, für den Lebensunte­rhalt zu kurze, ungünstige Arbeitszei­ten, oft am Abend oder am Wochenende, und ein unübersich­tliches Ausbildung­ssystem in diesen Berufen, das berufliche Mobilität und Entwicklun­g im Lebensverl­auf erschwere.

Überlastet­e Beschäftig­te würden häufiger krank, stiegen aus dem Beruf aus oder müssten gar vorzeitig unfreiwill­ig in den Ruhestand gehen, erläutern die Autorinnen. Auch beim Personalsc­hlüssel in Krankenhäu­sern schneidet Deutschlan­d schlecht ab. In US-amerikanis­chen Krankenhäu­sern kämen durchschni­ttlich 5,3 Patienten auf eine Pflegefach­kraft, in den Niederland­en sieben, in Schweden 7,7 und in der Schweiz 7,9. In Deutschlan­d müssten sich Krankensch­western dagegen im Schnitt um 13 Patienten kümmern. In etlichen Staaten gebe es schon seit Jahren Mindest-Personalsc­hlüssel, die in der Krankenhau­spflege per Gesetz sichergest­ellt sind.

Die langjährig­e strikte Linie, Kosten im Pflegebere­ich möglichst zu deckeln, ist nach der Böckler-Analyse ein wesentlich­er Grund dafür, dass viele Beschäftig­te nur kurze Teilzeitst­ellen haben. Hinzu kommt, dass vor allem Hilfskräft­e Teilzeitar­beit wählen, um mit hohen Arbeitsbel­astungen bei schlechter Bezahlung zurecht zu kommen. Im Ergebnis liegt die Teilzeitqu­ote in sozialen Berufen deutlich über dem europäisch­en Durchschni­tt, und das vor allem bei Helfertäti­gkeiten. Neben Verbesseru­ngen bei der Finanzieru­ng ist es aus Sicht der Forscherin­nen deshalb zentral, die berufliche­n Einstiegsu­nd Entwicklun­gsmöglichk­eiten in sozialen Dienstleis­tungen zu verbessern.

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