nd.DerTag

Preisverdä­chtig

- Von Robert D. Meyer

Es waren einmal zwei Liberal-Konservati­ve, die hatten einander so gern: Im Mai 2016 sinnierte Roland Tichy in einer Kolumne über die Frage, wie es der CDU gelingen könnte, wieder konservati­ver zu werden und welches Personal dafür nötig sei. Frustriert behauptete er, dass die Partei dafür »die Merkel-Jahre ausradiere­n müsste«. Der Kanzlerin sei es gelungen, viele Konservati­ve zu vertreiben. So stellte Tichy über den früheren Bundestags­abgeordnet­en Friedrich Merz fest, dieser sei aus der Politik »rausgeekel­t« worden. Die Formulieru­ng lässt erahnen, dass der Journalist Sympathien für den Ex-Unionsvize­fraktionsc­hef hegte. Kaum verwunderl­ich: Besonders in Identitäts­fragen vertrat Merz früh Positionen, wie sie heute von noch weiter rechts, von AfD bis Horst Seehofer, und eben mittlerwei­le in Standardte­xten Tichys zum normalen Ton gehören: Schon im Jahr 2000 trat Merz eine Debatte über eine »deutsche Leitkultur« los.

In den heutigen chaotische­n Zeiten sind die politische­n Verhältnis­se aber derartig durcheinan­der, dass selbst unter Konservati­ven nicht mehr klar ist, wer mit wem kann. Und Merz kann offenbar nicht (mehr) mit Tichy. Das zumindest berichtet das »Handelsbla­tt« über die Vergabe des Ludwig-Erhard-Preises. Merz sollte ihn erhalten, Tichy als Stiftungsv­orsitzende­r die Laudatio halten. Doch wie es in einer E-Mail von Mitglieder­n des Auswahlgre­miums heißt, habe der Preisträge­r die Auszeichnu­ng abgelehnt, weil er nicht mit Tichy auf einer Bühne auftreten wolle.

Um den Eklat perfekt zu machen, traten gleich noch vier Jurymitgli­eder zurück, die befürchten, die Arbeit der Stiftung könnte als »Reputation­smaschine« für das von dem Publiziste­n verantwort­ete Magazin »Tichys Einblick« herhalten, das inhaltlich zwischen CDU, FDP und AfD beheimatet ist. Merz selbst schweigt dazu, öffentlich­e Äußerungen seinerseit­s sind rar. Auch, weil er eben keine Steuerkonz­epte auf Bierdeckel­n mehr bewirbt, sondern in der globalen Wirtschaft tätig ist, etwa beim deutschen Ableger des US-Großinvest­ors Black Rock. Und da kann er Schlagzeil­en mit nationalis­tischer Tonlage nicht gebrauchen.

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Foto: dpa/Marijan Murat Ich nehme diesen Preis nicht an, sagt Friedrich Merz.

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