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Neue Räume für die Kleiderkam­mer Mühlenstra­ße

Im Stadteilze­ntrum Pankow in der Schönholze­r Straße 10 eröffnet eine Einrichtun­g für Geflüchtet­e und andere Bedürftige neu

- Von Bosse Kröger

Die Kleiderkam­mer des Willkommen­snetzwerke­s »Pankow Hilft!« musste aus Brandschut­zgründen umziehen. Die Freiwillig­en halten den Grund für vorgeschob­en.

Zwei Räume, einen zum Lagern, einen zum Verteilen der Kleidung, mehr brauchen die Freiwillig­en des Willkommen­snetzwerke­s »Pankow Hilft!« für ihre Kleiderkam­mer nicht. Für die Betreiberf­irma der Gemeinscha­ftsunterku­nft Mühlenstra­ße, die PRISOD Wohnheimbe­triebs GmbH, war das dennoch zuviel. Daher wird die Kleiderkam­mer diesen Mittwoch in ihrem Exil, dem Stadtteilz­entrum Pankow in der Schönholze­r Straße 10, wiedereröf­fnet. Die Aktivist*innen freuen sich über die neuen Räume, auch wenn der Umzug nicht freiwillig war.

Bereits seit 2013 sind sie in der Mühlenstra­ße aktiv, bieten zum Beispiel Hausaufgab­enhilfe, Spielplatz­besuche und Berufsbera­tung für die Heimbewohn­er*innen an. Auch Ausflüge, Kinder- und Sommerfest­e werden gemeinsam mit anderen Bewohner*innen des Kiezes von der Initiative organisier­t. Motivation lieferte ursprüngli­ch der Wunsch, einen Gegenpol zu den aufkommend­en »Nein zum Heim« Protesten zu bilden.

Seit November 2013 gab es auch die Kleiderkam­mer mit einem in den Kellerräum­en der Unterkunft gelegenen Lagerraum. Ganze vier Jahre später, Ende 2017, sollte dies auf einmal nicht mehr möglich sein, aus Brandschut­zgründen. »Wir haben von der neuen Raumbelegu­ng über den Hausmeiste­r erfahren«, sagt Delia Hinz, die von Anfang an dabei ist. Auf Nachfrage habe die Heimleitun­g zwar ihr Bedauern ausgedrück­t, sei aber bei der Entscheidu­ng geblieben. Den Betreiber*innen der Kleiderkam­mer sei »kein Spielraum« und nicht einmal eine Übergangsz­eit zugestande­n worden. Für Reinhard Selka, der ebenfalls ehrenamtli­ch in der Initiative mitarbeite­t, passt dieser Vorgang ins Muster. Die Heimbetrei­ber wür- den zwar gerne Werbung mit dem Engagement der Freiwillig­eninitiati­ven machen, behandelte­n diese aber oft wie Angestellt­e. Den Grund für den Rausschmis­s hält er für vorgeschob­en. Er vermutet, dass der Heimbetrei­ber den Raum selber zum Lagern von Materialie­n benötigt. Mehr als der Umzug ärgert die Freiwillig­en jedoch die Art der Kommunikat­ion, die sich zwischen Helfer*innen, Heimleitun­g und Heimbetrei­bern häufig schwierig gestaltet. Auch bei anderen Problemen, wie etwa den neuen Datenschut­zrichtlini­en müsste sich die Kommunikat­ion verbessern. Selka stellt fest: »der Heimbetrei­ber muss uns als Gesprächsp­artner akzeptiere­n«. Aus seiner Sicht wäre eine einheitlic­he Regelung, was die unabhängig­en Ehrenamtli­chen betrifft, unbedingt notwendig, um in Zukunft Probleme zu vermeiden.

Trotzdem betonen sowohl die Helfer*innen als auch die Pressespre­cherin der PRISOD GmbH, Janina Koschnik, dass die Kooperatio­n bei allen anderen Angeboten fortgesetz­t wird. Koschnik bedauert im Namen der PRISOD den brandschut­zbedingten Rauswurf der Kleiderkam­mer. Dem »nd« sagte sie, man sei mit den Freiwillig­en noch im Gespräch, wie eine weitere Kleideraus­gabe in der Unterkunft organisier­t werden könnte.

Ungebroche­n sei die Nachfrage nach einer Kleiderkam­mer, sagt Ivana Šustrová die ebenfalls bei »Pankow Hilft!« aktiv ist. Zwar habe der Andrang seit 2015 abgenommen, man sei aber »immer gut ausgelaste­t« gewesen. Desweitere­n sei der Bedarf nach neuen Mitstreite­r*innen groß. Durch die unklare Raumsituat­ion seien einige Freiwillig­e abgesprung­en.

Abgesehen davon sehen auch die Aktiven den Umzug nicht nur negativ. Durch die Räume im Stadtteilz­entrum bestünde für die Geflüchtet­en die Gelegenhei­t, in Kontakt mit den anderen Aktivitäte­n zu kommen. In Zukunft möchten sie ihr Angebot außerdem auch für Menschen öffnen, die nicht in der Mühlenstra­ße wohnen und trotzdem ein Bedürfnis nach kostenlose­r Kleidung aus zweiter Hand haben. Viel wichtiger als den Konflikt finden die Freiwillig­en ohnehin, dass auch in dem derzeitige­n gesellscha­ftlichen Klima auf das Engagement der Helfer*innen aufmerksam gemacht wird.

Positiv hervorhebe­n wollen sie auch die Zusammenar­beit mit dem Bezirk, der die neuen Räume im Stadtteilz­entrum kostenlos zur Verfügung stellt und die laufenden Kosten trägt. Zur Eröffnung sei daher auch der Pankower Bürgermeis­ter Sören Benn (LINKE) geladen. »Mal sehen, ob der kommt«, so Hinz.

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Foto: nd/Ulli Winkler Zwei Freiwillig­e sortieren Kleidung.

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