Noch ein Rückritt bei ThyssenKrupp
Aufsichtsratschef geht im Machtkampf mit Investoren
Essen. Der schwelende Streit mit unzufriedenen Großaktionären sorgt weiter für viel Unruhe bei ThyssenKrupp. Mit dem Abgang des Aufsichtsratsvorsitzenden Ulrich Lehner zum Monatsende ist die Führungskrise beim Industriekonzern perfekt. Vor einigen Tagen hatte bereits Vorstandschef Heinrich Hiesinger unter dem Druck der Finanzinvestoren Cevian und Elliott hingeworfen. Lehner begründete sein Ausscheiden damit, dass ein gemeinsames Verständnis im Aufsichtsrat über die strategische Ausrichtung nicht mehr gegeben gewesen sei. Seine Entscheidung solle dazu beitragen, »das notwendige Bewusstsein bei allen Beteiligten zu schaffen, dass eine Zerschlagung des Unternehmens und der damit verbundene Verlust von vielen Arbeitsplätzen keine Option darstellt – weder im Sinne des Stifters noch im Sinne unseres Landes«, erklärte Lehner weiter.
Mit dem Rücktritt des Aufsichtsratschefs wächst jedoch die Angst vor einer Zerschlagung des Konzerns. Dazu dürfe es nicht kommen, forderte Gesamtbetriebsratschef Wilhelm Segerath am Dienstag in Essen. Für die Beschäftigten gehe es nun um die Sicherung der Arbeitsplätze, betonte er. »Wir wollen gemeinsam mit der Krupp-Stiftung und allen Aktionären versuchen, das Unternehmen zu erhalten.« Die Stiftung ist mit 21 Prozent größter Aktionär. »Wir schützen den Finanzmarkt, aber wir schützen zu wenig die Industrie und die Realwirtschaft«, kritisierte Segerath.
Die Chefin der Krupp-Stiftung, Ursula Gather, will nicht an die Spitze des Aufsichtsrats rücken. Gather werde in konstruktiver Zusammenarbeit mit den Vertretern im Aufsichtsrat an der Neubesetzung mitwirken, teilte die Stiftung mit. Sie werde den Auftrag, »die Einheit des Unternehmens möglichst zu wahren, auch weiterhin verantwortlich wahrnehmen«.
Indes beharrt die schwedische Beteiligungsgesellschaft Cevian, die bereits 18 Prozent an ThyssenKrupp hält, auf einem Umbau des Traditionskonzerns. »Um in Zukunft dauerhaft erfolgreich zu sein, müssen die Geschäftssparten von ThyssenKrupp fokussiert, unternehmerisch und effizient aufgestellt werden – flexibel und frei von unverhältnismäßig hohen Kosten und Bürokratie«, teilte Cevian-Gründer Lars Förberg mit. Nur so könnten die Sparten »nachhaltig erfolgreich sein«.