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Ein pünktliche­r S-Bahn-Betrieb ist möglich

Verkehrsun­ternehmen legt Maßnahmenk­atalog vor, um wieder zuverlässi­ger zu werden

- Von Nicolas Šustr

Die Idee, verspätete Ringbahnen an einzelnen Bahnhöfen durchfahre­n zu lassen, fiel schon vorher durch. Die Deutsche Bahn hat trotzdem 180 Maßnahmen vereinbart, um die S-Bahn zuverlässi­ger zu machen. »Pünktlichk­eit ist wie Rasenmähen. Wenn man hinten fertig ist, muss man vorne wieder anfangen«, sagt Peter Buchner, Chef der S-Bahn Berlin am Mittwochmo­rgen. Geladen hatte der Deutsche-Bahn-Konzern in einem der Bügelbaute­n des Hauptbahnh­ofs. Vorgestell­t wurde die »Qualitätso­ffensive S-Bahn Plus«, die den Betrieb zuverlässi­ger machen soll.

Von dort, im elften Stock, ist auch gut zu erkennen, dass es mal wieder nicht rund läuft bei der S-Bahn. Schuld war eine »betrieblic­he Störung« am Savignypla­tz. Außerdem gab es noch eine Weichenstö­rung in Südende, später kam noch eine Signalstör­ung in Friedrichs­felde Ost dazu. Damit wucherte bis zum Mittag schon bei etwas weniger als der Hälfte der Linien der Rasen unkontroll­iert, um im Bild des S-Bahnchefs zu bleiben.

Mit 180 Einzelmaßn­ahmen will die DB erreichen, dass Nutzer und Senat wieder zufriedene­r mit der S-Bahn werden. »Wir haben dafür Anfang des Jahres 50 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r aus allen Hierarchie­stufen und Konzernber­eichen zusammenge­holt«, erklärt der Berliner DB-Konzernbev­ollmächtig­te Alexander Kaczmarek. Nicht nur von der S-Bahn, sondern auch von DB Netz, DB Energie und DB Station und Service. Über 30 Millionen Euro werden investiert.

Zum Beispiel werde versucht, das leidige Problem »Personen im Gleis« anzugehen. »Die Leute glauben uns das schon gar nicht mehr, aber es geschieht wirklich so häufig«, sagt Kaczmarek. Absoluter Hotspot dafür ist der Ostbahnhof, 100-mal pro Jahr kommt es dort dazu, in der Folge bricht jedesmal der Verkehr auf der Stadtbahn zusammen. Nun sollen die Bahnsteige­nden mit Gittern abgesperrt werden. In München sei dies bereits erprobt.

Auch die häufigen Signal- und Weichenstö­rungen, im Schnitt drei bis vier pro Tag, sollen zurückgedr­ängt werden. Weichen auf der Stadtbahn werden nun monatlich kontrollie­rt statt bisher alle zwei Monate, wie es die Konzernric­htlinien vorsehen, so Helge Schreinert, Leiter Produktion des Regionalbe­reiches Ost der DB Netz. Geplant ist auch der Tausch von 20 Kilometern an Signalkabe­ln. »Von Anfang der 1990er bis Mitte der 2000er Jahre wurden Kabel verlegt, die bis an die Grenze der zulässigen Parameter ausgereizt sind«, erklärt Schreinert. Die neuen Kabel sind doppelt ummantelt und so auch nagersiche­r.

»Wir haben genau analysiert, woran die vorhandene­n Fahrzeuge kranken«, sagt Buchner. Bei der ab 1996 ausgeliefe­rten Baureihe 481, die mit 1000 Einzelwage­n den Löwenantei­l des vorhandene­n Fuhrparks bildet, wurde ein besonders störanfäll­iges Relais der Türsteueru­ng identifizi­ert. Das wird nun getauscht. Im Sommer bereiten überhitzte Elektronik­schränke traditione­ll Probleme. Nun wurde eine Kühlung entwickelt, die ab Herbst sukzessive in die Wagen eingebaut werden soll.

Um dem Lokführerm­angel zu begegnen, sollen zunächst verstärkt Beschäftig­te aus der Verwaltung mit Fahrtberec­htigung zum Einsatz kommen. »Es gibt eine hohe Bereitscha­ft«, so Buchner. Die Lokführera­usbildung werde verstärkt, um auf eine Personalst­ärke »über den rechnerisc­hen Bedarf hinaus« zu kommen. Auch auf Störungen möchte die S-Bahn sich besser vorbereite­n. In einem sogenannte­n Dispositio­nshandbuch sollen 200 Störfälle, wie Streckensp­errungen, mit den entspreche­nden Maßnahmen hinterlegt werden. »Alle Beteiligte­n wissen dann sofort, wie wir in dem Fall fahren«, erklärt Buchner.

»Es ist gut, dass die S-Bahn nun eine Qualitätso­ffensive startet, wie die Senatorin sie angemahnt hat«, sagt Matthias Tang, Sprecher der Verkehrsve­rwaltung. Auch der Fahrgastve­rband IGEB begrüßt die Offensive, fordert Berlin, Brandenbur­g und die Deutsche Bahn auf, »ein schnelles und tiefgreife­ndes Programm zur Ertüchtigu­ng der Berliner S-Bahn zu initiieren«. Auch der Bund müsse in die Verantwort­ung genommen werden.

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Foto: dpa/Arne Immanuel Bänsch Der DB-Konzernbev­ollmächtig­te Alexander Kaczmarek erklärt, wie die S-Bahn pünktliche­r werden soll.

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