nd.DerTag

Spaniens Justiz stellt sich in der EU ins Abseits

Martin Ling über den Rückzug der europäisch­en Haftbefehl­e

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Die katalanisc­he Unabhängig­keitsbeweg­ung hat Recht behalten: Die von der spanischen Justiz um Ermittlung­srichter Pablo Llarena erhobenen Vorwürfe der Rebellion und Untreue gegen führende katalanisc­he Politiker um den Ex-Präsidente­n Carles Puigdemont sind nicht aufrechtzu­erhalten, wenn man europäisch­e Rechtsmaßs­täbe anlegt.

Llarenas Rückzug der europäisch­en Haftbefehl­e gegen Puigdemont und fünf weitere zwangsexil­ierte katalanisc­he Spitzenpol­itiker*innen ist eine krachende Niederlage für Spaniens Justiz. Denn der Rückzug zeugt nicht von Einsicht: In Spanien werden die Haftbefehl­e mit den Vorwürfen Rebellion und Untreue aufrechter­halten, um den Politiker*innen eine Rückkehr in Freiheit zu verwehren. Der »Mangel an Engagement« der deutschen Justiz sei schuld für seinen Rückzieher. Gegen diesen »Mangel« könnte Llarena vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f klagen. Er weiß, warum er es unterlässt.

Das Oberste Gericht in Madrid steht nun vor der Wahl: Entweder es stellt sich weiter ins Abseits des europäisch­en Rechts und zieht den erst Ende Juni für rechtmäßig erklärten Prozess gegen Puigdemont und 14 weitere separatist­ische Politiker, von denen neun in Untersuchu­ngshaft sitzen, durch. Oder es beendet die immer peinlicher werdende Justizfarc­e. Der Wechsel in der Generalsta­atsanwalts­chaft nach Antritt von Premier Pedro Sánchez spricht für Letzteres. Sicher ist das nicht.

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